KLAUS HILLENBRAND ÜBER DIE DEUTSCHE KRITIK AN ZYPERN
: Das ist er wieder, der Euro-Sündenbock

In Zypern läuft vieles schief, aber die Dresche seitens der Deutschen erklärt das nicht

Auf Zypern amüsieren sich russische Oligarchen. Dort, wo ein Kommunist regiert, werden Milliarden Dollar Schwarzgelder gewaschen. Die Inselbewohner und ihre verdächtigen Gäste aalen sich nicht nur am Pool in der Sonne, sie zahlen zudem sensationell günstige Steuern – wenn überhaupt. Weil ihre Banken aber pleitegingen, sollen jetzt die Deutschen, die doch schon für Griechenland zahlen, die Kastanien aus dem Feuer holen. Unsere Steuern, von Millionen hart arbeitender Deutscher sauer verdient, drohen in einem neuen Morast zu versickern. So nicht!

Das ist das Bild, das einige deutsche Leitmedien, unter freundlicher Begleitung von Regierungs- und Oppositionsparteien, derzeit von dem angeschlagenen Europartner verbreiten. Mit Zypern glauben sie ein neues Land gefunden zu haben, auf das sich prima eindreschen lässt. Griechenland lässt sich ja neuerdings nicht mehr beschimpfen, weil das Geld fließt. Die Insel indessen taugt der SPD als Wahlkampfvehikel, um sich endlich von Merkels Eurokurs absetzen zu können. Sie hilft der Union wie der FDP, die damit klarmachen wollen, wie sehr sie doch um Eurogerechtigkeit bemüht sind. Wenn dabei ein halbes Land auf der Strecke bleiben sollte – was soll’s.

Tatsache aber ist: Bei dem angeblichen Kommunisten an der Staatsspitze handelt es sich nur um einen biederen, leicht überforderten Sozialdemokraten, der um seine Klientel bangt und dessen Amtszeit nächsten Monat endet. Die legalen, halb legalen und illegalen Unternehmer treiben ihr Geschäft in weit größerem Maßstab in London, denn dort gilt dasselbe englische Recht für Firmengründungen. Europarat und IWF haben Zypern im Übrigen gute Gesetzesarbeit gegen Schwarzgelder attestiert. Gegen die Firmensteuern von 10 Prozent hatten die Deutschen bei Aufnahme Zyperns in die EU seltsamerweise keine Einwände.

Um nicht missverstanden zu werden: Die Geldgeschäfte auf Zypern sind gewiss nicht so sauber wie eine deutsche Duschtasse. Die Banken sind aufgebläht, gewisse Steuerabkommen fragwürdig, der Firmensteuersatz ist zu niedrig, und manche Staatsfirmen hängen am Tropf. Es muss sich einiges ändern, bevor das Land einen 17-Milliarden-Euro-Kredit erhält. Doch darum scheint es manchen Kritikern gar nicht zu gehen: Sie hauen auf Zypern ein, weil sie wieder einen Sündenbock gefunden haben. Solidarität in Europa ist ihnen ein Fremdwort.