DAILY DOPE (597)

Keine Athleten, aber mächtige Personen im Radsport werde Lance Armstrong belasten. Diese Informationen wurden vor der zweiteiligen Ausstrahlung der TV-Beichte von Lance Armstrong gestreut. Letztlich aber war dies nur eine PR-Lüge, um möglichst viel Aufmerksamkeit auf den angeblichen Einsturz des gigantischen Lügengebildes von Armstrong zu lenken. Denn zugegeben hat er nur das, was sowieso schon nachgewiesen wurde.

Auch dem zweiten Teil des Interviews mit US-Talkerin Oprah Winfrey, der am Samstagmorgen Europäischer Zeit ausgestrahlt wurde, fehlte es an jeglicher Substanz. Statt nach Fakten erkundigte sich Winfrey fast ausschließlich nach Armstrongs Gefühlshaushalt.

Und Armstrong nutzte die Gelegenheit, seine Reuebekenntnisse mit jeder Menge Larmoyanz anzureichern. Er bekundete: „Ich verdiene es bestraft zu werden, aber ich bin nicht sicher, ob ich die Todesstrafe verdiene.“ Und zu dem Tag, an dem die Usada, die amerikanische Antidopingagentur, die Beweise seiner Dopingvergangenheit veröffentlichte und damit für die endgültige Abkehr seiner Sponsoren sorgte, sagte er: „Ich mag gar nicht daran denken, aber das war ein 75-Millionen-Dollar-Tag.“

Schlimmer als der Verlust des Geldes aber wäre die Tatsache gewesen, dass er sich aus der von ihm ins Leben gerufene Krebsstiftung „Livestrong“ habe zurückziehen müssen. („Es war für mich der erniedrigendste Moment.“) Und er begann mit den Tränen zu kämpfen, als er schildern sollte, wie er seinem Sohn Luke erklärt habe, dass die Anschuldigungen gegen ihn alle wahr seien.

Der zweite Teil seines Geständnisses war eine sentimentale Show, die Armstrong mit Kalkül abgegeben haben dürfte. Denn er unterstrich einmal mehr seinen Willen, wieder sportliche Wettbewerbe zu bestreiten. Er erklärte, er sei ein Wettbewerbstyp. Er würde gern im Alter von 50 Jahren zum Chicago-Marathon antreten. Womöglich ist dies auch ein Grund, weshalb er konkretere Aussagen zu seiner Dopingvergangenheit vermied und behauptete, er sei bei seinem Comeback zwischen 2009 und 2011 sauber gewesen. Diese Zeitspanne würde nicht unter die Verjährungsfrist fallen. Aber glauben wird ihm wohl nun nach diesem dürftigen Geständnis nach wie vor kaum noch einer. (taz)