Eric Bonse über frische Vorschläge aus Frankreich
: Transferunion? Mais oui!

So langsam erwacht Europa aus der Schockstarre, in die es nach dem Griechenland-Debakel gefallen war. Wochenlang hatte es kein EU-Politiker gewagt, gegen deutsche Diktate und deutsche Regeln in der Eurozone aufzumucken. Doch nun kommt produktiver Widerspruch aus Frankreich: Mit einer rein buchhalterischen Politik werde der Euro scheitern, die Währungsunion müsse bald runderneuert werden.

Das sagt nicht etwa Arnaud Montebourg, der frühere französische Wirtschaftsminister, der nun zusammen mit Gianis Varoufakis gegen die deutsche Dominanz wettert. Nein, es ist Montebourgs Nachfolger, der liberale Sozialist Emmanuel Macron. Ausgerechnet der Mann, der sich an den deutschen Hartz-Gesetzen ein Beispiel nimmt und die französische Wirtschaft umkrempelt, fordert nun Strukturreformen für den Euro. Und die haben es in sich.

Macron will nämlich nicht nur einen Euro-Finanzminister, wie ihn mittlerweile sogar Berliner Politiker fordern. Er will auch ein Euro-Budget, ein Euro-Parlament, eine europäische Wirtschaftsregierung und – ultimative Provokation – eine Transferunion! Damit verstößt Macron gegen das ungeschriebene Gesetz der Großen Koalition, demzufolge Eurobonds, Schuldentilgungsfonds und alle anderen Finanztransfers des Teufels sind.

Keine Transferunion! Das mussten SPD-Chef Sigmar Gabriel und sein EU-Vertreter Martin Schulz schwören, als sie den heiligen Bund mit Angela Merkel eingegangen sind. Schulz protestierte denn auch prompt gegen den Tabubruch aus Paris. Dabei hat Macron völlig recht. In der Geschichte hat es noch nie eine Währungsunion gegeben, die ohne Transfers ausgekommen wäre. Ohne massive Finanzspritzen wird auch Griechenland nicht auf die Beine kommen.

Doch geht es Berlin wirklich um Europa? Oder geht es in Wahrheit nur um die Macht? Die nächsten Wochen werden es zeigen. Macron hat einen wichtigen Anstoß gegeben.

Wirtschaft + Umwelt