LeserInnenbriefe
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Verwunderlich

betr.: „Flüchtlinge“, taz vom 31. 8. 15

Es ist verwunderlich, wie viele Gedanken sich manch Bürger und Politiker macht, wenn es um die Kosten für Flüchtlinge geht!

Finanziell wirklich schwer geschadet haben Bürgern und Staat zum Beispiel der Umbau des Nürburgrings, die Philharmonie in Hamburg, der BER in Berlin, diverse unnötige Regionalflughäfen wie in Lübeck oder Kassel-Calden, das Desaster mit Toll Collect bei Einführung der Lkw-Maut, das monatliche Pendeln der EU zwischen Brüssel und Straßburg, die Kosten für diverse Diäten­erhöhungen, die Steuerflucht der Konzerne, Rettung der Banken etc. Die Politik erzählte uns auch, dass diverse Staatsunternehmen in privater Hand doch besser aufgehoben wären und es für uns Bürger insgesamt günstiger würde, das Gegenteil ist heute der Fall. Genau wie bei dem Märchen, dass die Riester-Rente für die Bürger eine dolle Sache wäre und TTIP mehr Arbeitsplätze schaffen wird. Bürgerproteste mit der Aggression, der Wut, der Verzweiflung und Emotion wie in Heidenau gegen ein paar Flüchtlinge auf Feldbetten in einem alten Baumarkt sucht man aber vergebens! MARKUS MEISTER, Kassel

Bewegungsfreiheit

betr.: „Das letzte Glied der Kette“, taz vom 31. 8. 15

Bravo: „Dabei gäbe es eine lächerlich einfache Lösung …“ gegen die Schlepperei, das Ersticken und Ertrinken von Menschen auf der Flucht: den Hellas-Express Athen–Dortmund. Oder die Fähre Tunis–Messina (kostet 46,50 Euro). Klar, man braucht die Flüchtenden ja nur als Menschen zu begreifen und zu behandeln, als Menschen wie du und ich. Aber Halt! Gleich darauf verfällt Klaus Hillenbrand wieder der herrschenden diskriminierenden Logik: „Solange die EU sich nicht auf eine Aufteilung dieser Menschen einigen kann …“

Falsch! Ich meine, solange wir „diesen Menschen“ nicht das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit zugestehen, das für uns lächerlich einfach ist und selbstverständlich gilt, solange wir sie kontrollieren, „aufteilen“ und ihnen Unterkünfte (statt Wohnungen) zuweisen, so lange werden sie ersticken, ertrinken und Pogromen ausgesetzt sein. INGO SPEIDEL, Stuttgart

Großes Problem

betr.: „Das letzte Glied der Kette“, taz vom 31. 8. 15

Ja, so einfach war es früher, zwischen Griechenland und Deutschland mit dem Zug zu fahren: Mit dem Hellas-Express von Athen nach Dortmund oder dem Acropolis-Express von Athen nach München. An den Grenzübergang Idomeni/Gevgelija zwischen Griechenland und Jugoslawien erinnere ich mich noch gut. Von da aus ging es über Skopje, Belgrad, Zagreb und Jubljana nach Jesenice, der letzten jugoslawischen Station vor dem österreichischen Rosenbach.

Die Gleise sind noch da, die Züge fahren nicht mehr: nicht wegen der billigen Flüge, sondern seit den Balkankriegen nach 1991. Heute wären auf dieser Strecke etliche Staatsgrenzen zu überwinden. Denn statt Jugoslawien liegen dort jetzt Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien. Nein, die Flüchtlingszüge wären nicht möglich, nicht einmal solche von Ungarn nach Deutschland sind es, obwohl da nur Österreich dazwischenliegt. Dazu ist das Problem um die europäische Migration viel zu groß. DIETER RÖDDER, Nürnberg

Welche Humanität ist gemeint?

betr.: „Massengrab Lastwagen“, taz vom 29. 8. 15

71 Menschen sind in einem Lastwagen tot aufgefunden worden und wieder einmal geht ein Aufschrei durch die Presse. Von skrupellosen Schlepperbanden ist die Rede. Europas Politiker reden schon lange davon, die kriminellen Schlepperbanden härter anzufassen, dabei wird vergessen, dass gerade Europas Flüchtlingspolitik und die Absicht, eine Festung um den Kontinent zu bauen, den Schleppern die Grundlage für ihre kriminellen Machenschaften liefern. Menschen – die gezwungen werden, auf illegaler Weise nach Europa zu gelangen – ertrinken im Mittelmeer oder finden den Tod in Lastwagen, während Europa sich gern mit Humanität brüstet.

Welche Humanität ist denn gemeint? Die der wachsenden Ungleichheit? Die Einteilung von Menschen in richtige und falsche Flüchtlinge? Warum investieren europäische Staaten viel Geld in eine Festung, statt dieses Geld vor Ort in den Ländern der Flüchtenden zu investieren, damit Menschen dort eine Perspektive haben und nicht versuchen nach Europa zu gelangen? Es braucht schließlich einen erheblichen Antrieb, seine Wurzeln hinter sich zu lassen und lebensgefährliche Strapazen auf sich zu nehmen, um nach Europa zu kommen. In dieser Situation ist es reichlich selbstgerecht, diesen flüchtenden Menschen vorzuwerfen, dass sie so leben möchten wie Europäer.

PASCAL MERZ, Sursee, Schweiz

Antisoziales Verhalten

betr.: „Populistisch? Aber gerne“, taz vom 1. 9. 15

Generell ist die Bezeichnung „Pack“ für Menschen entwürdigend. Doch durch das antisoziale Verhalten der Neonazis ist es unsagbar schwer, andere Ausdrücke für diese politische Gesinnung zu finden. JULIA ENGELS, Elsdorf