LESERINNENBRIEFE
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Es gehört Dreistigkeit dazu

■ betr.: „Katholische Klinik weist Vergewaltigungsopfer ab“,taz vom 18. 1. 13

Es gehört schon einige Dreistigkeit dazu, einen zweimal direkt hintereinander auf die gleiche Weise stattfindenden Vorgang als „bedauerlichen Einzelfall“ zu bezeichnen. Die Floskel sollte bestimmt nicht wörtlich genommen werden. „Bedauerlich“ an dem Fall ist für das Erzbistum Köln doch nur, dass das Vorgehen der Kliniken „in diesem einen Fall“ öffentlich geworden ist. So viel Kälte dem Opfer einer Straftat gegenüber macht mich fassungslos.

OLIVER VARELMANN, Münster

Konsensfähiges Christentum

■ betr.: „Katholische Klinik weist Vergewaltigungsopfer ab“,taz vom 18. 1. 13

Ist Maria eigentlich von Gott vergewaltigt worden? Oder warum sind Missbrauch und Vergewaltigungen u. a. so konsensfähig im Christentum? CHRISTINE BERG, Glückstadt

Alte Rollenbilder

■ betr.: „Perfide und ungeheuerlich“, taz vom 18. 1. 13

Das als Zeichen einer sexuellen Befreiung der 60er und 70er Jahre erwähnte Buch „Lolita“ bedient lediglich Altmännerfantasien. Im realen Leben des Jahres 2013 begegnen mir diese vermeintlich emanzipierten und damals befreiten Männer über 50 als eine Kohorte orientierungsloser Identitätssucher, die sich in einer postfeministischen Welt nicht mehr zurechtfinden. Auf der Suche nach Kontakt verfallen sie mit einer Retrorolle in alte Verhaltensmuster meines Großvaters. Diese Haltung fokussiert sich in der kürzlich gehörten Feststellung : „Deine (politischen) Argumente sind sooo unsexy für eine Frau.“ Eine Vielzahl der Männer hat die letzten Jahrzehnte nicht genutzt, um eine Männlichkeitsidee jenseits von Marlboro-Country zu entwickeln. Diese alten Rollenbilder erhalten die Unterdrückung weiter aufrecht. SYBILLE HAUPT, Göttingen

Festhalten am Höllenhelden

■ betr.: „Perfide und ungeheuerlich“, taz vom 18. 1. 13

Es ist das alte Spiel; man versucht, die Opfer sexueller Gewalt unglaubwürdig zu machen. Sie sollen still sein und stillhalten. Tun sie das nicht und reden sie über ihre Qualen, wird ihnen Voyeurismus vorgeworfen. Das Feuilleton möchte offensichtlich an seinem geliebten Denkmal Klaus Kinski nicht kratzen. Herr Winkler und die liberale Presse, die er vertritt, möchten an ihrem dunklen Höllenhelden offensichtlich gerne festhalten. Da wird dann eben mit Dreck nach der Tochter geworfen, nach dem Motto, es wird schon etwas hängenbleiben. Es wird Zeit, dass wir endlich unsere Haltung hierzu ändern, dass wir erkennen, dass Männer, die Kinder sexuell missbrauchen, kriminell sind. Punkt. Und das Mindeste, das wir als Gesellschaft tun können, ist, den Mut der mittlerweile erwachsenen Opfer zu bewundern und ihnen zuzuhören. SABINE MEHLEM, Bremen

Wo bleiben die Menschenrechte?

■ betr.: „Flüchtlinge hinter Gittern“, taz vom 16. 1. 13

Wo bleiben die Menschenrechte, oder wenigstens die UN-Charta? Aber es geht ja nicht um Humanität, sondern darum, Pfründen zu sichern, um Kapitalismus per se, denn diese Menschen kosten Geld und haben keine Milliarden auf einem Konto, wie so mancher Diktator, der Asyl bekommt – natürlich aus humanitären Gründen.

Und was Deutschland betrifft, sind es immer wieder die Politiker der sich selbst so bezeichnenden „christlichen Parteien“, die hier, wie auch in Europa, bei solchen Richtlinien mit den Ton angeben. Da werden christliche Flüchtlinge aus Syrien eher aufgenommen als „Andersgläubige“. Ist es da weit hergeholt, wenn man von einer Politik der Apartheid spricht? ALBERT WAGNER, Bochum

Weit verbreiteter Irrtum

■ betr.: „Pragmatische Hochzeiten“, taz vom 17. 1. 13

In dem Artikel wird behauptet, Angehörige könnten in Krankenhäusern und Altenheimen automatisch Entscheidungen zu gesundheitlichen oder pflegerischen Angelegenheiten treffen. Das ist ein weitverbreiteter Irrglaube. Die Wahrheit ist: Angehörige haben keinerlei Rechte. Sie müssen Bevollmächtigter oder rechtlicher Betreuer sein, um Entscheidungen treffen zu können. Daher ist es für jeden Menschen wichtig, sich frühzeitig zum Thema Vorsorgevollmacht Gedanken zu machen. STEFAN BAAKE, Leverkusen

Inhalt vor Verpackung

■ betr.: „Wir müssen uns entschuldigen“, taz vom 19. 1. 13

Ich hatte gar nicht bemerkt, dass die taz jetzt aus mehren Büchern besteht. Und ich stelle fest: Die Welt dreht sich noch. Viele taz-Leser sind wohl bequem geworden, bequem und verwöhnt. Mit der e-taz wird dann alles wieder gut sein, dann ist alles auf einem Pad. Für Ihre verwöhnten Leser sollten Sie dann schon mal über eine taz-Blätter-raschel-Animation nachdenken. Sonst haben Sie wieder so eine dekadente Diskussion am Hals. Aus meiner Sicht, weiter so: Inhalt vor Verpackung. UWE KARSTEN BÄCKER, Hamburg