THEATER

TheaterESTHEr SLEVOGTbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Die Religion zeigt der Welt gerade wieder ihr mörderischstes Gesicht. Dabei wurde sie einst erfunden, um den Menschen zu trösten: doch statt Trost nun Fanatismus, Radikalisierung, Krieg und Zerstörung. Hunderttausende, die auf der Flucht sind, brennende Flüchtlingsheime, abgeschlagene Köpfe, gesprengtes Kultur­erbe. Was ist bloß los mit dieser Welt? Und was sagt überhaupt dieser alte Mann im Himmel dazu, den sie Gott, Allah oder Adonai nennen. Oder ist es am Ende so, dass da gar keiner ist? Dass der Himmel genau so leer ist wie es die Köpfe derer sind, die sich hier unten umso enthemmter austoben? „Der leere Himmel“ hat das Deutsche Theater die nun beginnende Spielzeit überschrieben, in der sie Facetten des Glaubens untersuchen will. Woran glauben wir überhaupt noch? Was glauben die anderen? Wer sind die anderen überhaupt, diese Anderen? Sind wir das am Ende selber? Und was ist auf der Aufklärung geworden, diesem Projekt, das auf seine Fahnen auch die Säkularisierung (und damit die Befragung der religiösen Dogmen) geschrieben hatte?

Eröffnet wird die Spielzeit mit dem berühmtesten aller deutschen Aufklärungs- und Toleranzstücke, „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing, das Andreas Kriegenburg inszeniert. Die (in die berühmte Ringparabel gefasste) damals revolutionäre Botschaft des Stückes für das christliche Abendland ist keine Geringere, als dass niemand weiß, welche der drei monotheistischen Religionen die wirklich richtige ist – eine Botschaft, die in manchen Teilen der Welt inzwischen wieder lebensgefährlich geworden ist (Deutsches Theater: Nathan, der Weise, Premiere 30. 8., 19.30 Uhr).

Über Fragen des Lebens und des Sterbens aus der jeweiligen Sicht der drei monotheistischen Religionen geht es auch in der zweiten Eröffnungspremiere des Deutschen Theaters – „Drei Hunde Nacht“ der israelischen Regisseurin Ofira Henig, eine internationale Koproduktion, die in drei Sprachen (nämlich Deutsch, Hebräisch und Arabisch) über die Bühne geht. Drei Frauen sprechen in ihrer jeweiligen Muttersprache und aus der Sicht ihrer jeweiligen Kultur über die Frage, was ein selbstbestimmtes Leben ist. Und kommen zu sehr verschiedenen Ergebnissen (DT: Premiere 2. 9., 19. 30 Uhr).

Das dritte Eröffnungsprojekt ist „Götter. The Lost Ring / Ten Believers / Urban Prayers“ überschrieben und befasst sich in drei (sehr unterschiedlichen) Teilen mit Religion, Glaube und Toleranz. Zu diesem Zweck ­treten nicht nur internationale Theaterteams, sondern auch ganz normale Gläubige unterschiedlichster Religionen in Erscheinung (DT: Premiere 3. 9., 19 Uhr).