KUNST

KunstBeate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Hinter den weißen Stoffbahnen, die den Galerieraum abtrennen, beginnt eine neue Welt: Meine Füße versinken in feinem Sand, warmes rotes Licht strahlt auf meine Haut, im Hintergrund plätschert ein monotones Geräusch vor sich hin. Fast könnte man meinen, Michael Müllerhätte seine Ausstellung bei Thomas Schulteals tröstendes Naherholungsgebiet für die Daheimgebliebenen konzipiert. Primär ist „Berührung“jedoch genau wie „Die Welt interessiert sich nicht für den Sinn“– die zweite kleinere Ausstellung findet zeitgleich im Window Space statt – Teil des 18-teiligen Ausstellungszyklus, mit dem der Berliner Künstler seit 2013 die Galerie in Mitte bespielt. Dieser umfasst mal Ausstellungen, mal Performances, die nur einen Abend andauern. Bei der aktuellen ist der Titel Thema. Die Kunst- und Alltagsobjekte, die im Raum verteilt sind, handeln alle auf die eine oder andere Weise von Berührungen: Bleistiftzeichnungen zeigen explizit Sexuelles, ausgestreckte Hände oder die Dreiecksbeziehung zwischen Lou Salomé, Friedrich Nietzsche und Paul Rée; vier an die Wand gemalte, sich aneinander schmiegende Kreise verkörpern den Satz von Descartes. Die Objekte berühren einen wortwörtlich, wie der Sand, der einem zwischen die Zehen rutscht, oder sich gegenseitig, wie die zum Turm gestapelten Plastikstühle. Allesamt berühren sie die Sinne (bis 12./19. 9. Di.–Sa. 12–18 Uhr, Charlottenstr. 24).

Durch einen Vorhang schlüpfen muss man auch, um die Ausstellung von Silke Nowak bei Teri Garten zu sehen. Jener ist zwar sogar bunt gemustert, aber dennoch leichter zu übersehen als der weiße bei Thomas Schulte. Teri Garten ist ein kleiner, vom Künstler Paul Sochacki betriebener Projektraum, der sich hinter und unter dem Teegarten und -Laden Thirsty Moon verbirgt. Das muss man wissen. Gezeigt werden dort in einem schmalen Hinterzimmer und im Kellerraum die Arbeiten befreundeter Künstler. Nowaks Ausstellung, bei der man sich in ihren feinen Aquarell- und Tusche-Zeichnungen verlassener Käfige, surrealer Treppenkonstruktionen und geometrischer Anordnungen verlieren kann, ist erst die zweite, die hier stattfindet. Auch im Teeladen hängt noch eine Arbeit der Berliner Künstlerin zwischen der charmanten Einrichtung aus zusammengesammeltem Schanghaier Art déco. Sie zeigt eine fensterlose graue Betonklötzchenlandschaft, auf der sich von abgezirkelten Flächen tiefgrünes Gras in die Höhe streckt. Während man diesem nachsinnt, sollte man unbedingt ein Glas des eiskalten weißen Anji-Tees kosten, der im Thirsty Moon ausgeschenkt wird. Der belebt zusätzlich noch (bis 12. 9., Di.–Sa. 13–19 Uhr, Tucholskystr. 47).