THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Im Sommer, wenn die Vorhänge vor den Guckkästen ferienbedingt zugezogen sind, sucht sich das Theater andere Formate und Orte. Den freien Himmel überm nächtlichen Tempelhofer Feld zum Beispiel, den seit der vergangenen Woche das Theater Anu (in Zusammenarbeit mit dem Theater Magica) mit 3.500 Kerzen erhellt. Seit zehn Jahren experimentiert das Theater mit poetischen Überschreibungen des öffentlichen Raums. Diesmal haben die beiden Anu-Macher Bille und Stefan Behr auf der Wiese vor der äußeren Flugbahn aus Tausenden von Kerzen ein Labyrinth gebaut, durch das sie ihre Zuschauer auf „Die große Reise“ schicken. Die magische Theaterinstallation hat so mythische Vorbilder wie die Irrfahrten des Odysseus oder die Gralsuche des Parzival. Es beginnt jeweils bei Einbruch der Dunkelheit: Ein Narr eröffnet auf der Wiese vor dem Biergarten „Luftgarten“ das Tor zu einer anderen Welt, in der die Sterne vom Himmel gefallen sind. Auf der neunzigminütigen Reise begegnet man Figuren wie der Lampenfrau, einem Prinzen, der Spiegelfrau oder der Weltenkammer, die Geschichten erzählen. Acht Szenen, jeweils 7 bis 12 Minuten lang, kann man auf dem Weg durch das Lichterlabyrinth entdecken (Theater Anu: „Die große Reise“ Tempelhofer Feld, Eingang Columbiadamm, 20.–23. 8., Einlass halbstündlich zwischen 21.15 und 22.45 Uhr).

Auf die Reise kann man auch im Charlottenburger Theater des Westens gehen, und zwar seit einigen Wochen schon mit dem Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“. Die Geschichte des 2007 uraufgeführten Renners hangelt sich lose an den Liebesproblemen von drei Paaren entlang, deren Geschichten schicksalhaft miteinander verbunden sind – Verwicklungen, die aber den einzigen Grund haben, möglichst viele Udo-Jürgens-Lieder zu Gehör zu bringen, und zwar mit allem, was das Musical­theater so drauf hat, großen Szenen, tollen Kostümen, Choreografien. Und einem (fast) echten Ozeanriesen auf der Bühne. Udo Jürgens hat dem Werk noch seinen Segen gegeben, auch wenn ihm der leise sozialkritische Unterton vieler Jürgens-Lieder irgendwie abhandenkam (Theater des Westens: „Ich war noch niemals in New York“, täglich, noch bis 29.9., jeweils 19.30 Uhr).Manche Theater machen auch auf, obwohl sie gerade geschlossen sind. Die Staatsoper Unter dem Linden zum Beispiel, die seit 2010 wegen Sanierung im Charlottenburger Schiller Thea­ter spielt. An Sonn- und Feiertagen aber werden Unter den Linden zweistündige Baustellenführungen angeboten und spektakuläre Einblicke in den Sanierungsprozess versprochen (Staatsoper Unter den Linden: Baustellenführung. 22. und 23. August, 15 und 17 Uhr).