heute in hamburg
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„Auf gleicher Stufe“

Engagement „Menschen mit Behinderung“ informiert über ehrenamtliche Mitarbeit

Frank Nestler

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49,arbeitet als hauptamtlicher Koordinator für freiwilliges Engagement im Verein „Leben mit Behinderung Hamburg“.

taz: Herr Nestler,es gibt die unterschiedlichsten Ehrenämter. Warum sollte man sich gerade für Menschen mit Behinderungen engagieren?

Frank Nestler: Wir leben in einer Gesellschaft, in der es viele Menschen unterschiedlichster Natur gibt. Menschen mit Behinderung sind eine Bereicherung und geben einem sehr viel zurück. Man wird merken, dass sie oft einen ganz anderen Blick auf die Dinge haben. Das hilft zum Beispiel, auch die eigenen Probleme damit zu lösen. Die beste Resonanz kommt von den Freiwilligen, die schon sehr lange bei uns sind.

Kritiker bemängeln, dass Freiwilligenarbeit eine Hierarchie zwischen Behinderten und Nicht-Behinderten verstärke.

Menschen mit Handicap sind nicht nur Nutzer! Sie sind bei uns auch Freiwillige. Denn sie können mit ihren Kompetenzen und Stärken genauso etwas geben. Diesen Blick sollte man nie verlieren.

Und welchen Blick brauchen die ehrenamtlichen Helfer?

Das Prinzip der Augenhöhe ist sehr wichtig. Nur weil jemand im Rollstuhl sitzt, heißt das noch lange nicht, dass ich als Helfer eine Macht über ihn habe. Es geht bei der Arbeit darum, auf gleicher Stufe gemeinsam etwas zu unternehmen.

Immer wieder gibt es die Forderung, freiwilliges Engagement zu bezahlen. Dadurch solle auch die Anzahl der Helfenden zunehmen.

Es ist ein Trugschluss von Organisationen und Politikern zu glauben, dass Freiwilligenarbeit nichts kostet. In gute Strukturen und Qualitätsstandards muss investiert werden. Trotzdem soll Freiwilligkeit nicht die hauptamtlichen Mitarbeiter ersetzten.

Warum nicht?

Der Kontakt von Behinderten zu Freiwilligen ist ein ganz anderer als der mit Menschen, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen. Behinderte merken, dass da Menschen kommen, die Lust haben, Zeit zu spenden und etwas zu unternehmen. Diese Qualität wird man mit Hauptamtlichkeit nie erreichen.

Schon in der Grundschule lernen Kinder, dass behinderte Menschen so sind „wie du und ich“. Hat sich das Bild in unserer Gesellschaft gefestigt?

Man kann sehen, dass die Behindertenarbeit mehr darauf ausgerichtet ist, Inklusion zu ermöglichen. Menschen mit Behinderungen sollen dort sichtbar gemacht werden, wo Menschen mit Behinderungen auch sind – und das ist nun mal überall.

Interview: Stefanie Diemand

Informationsabend für Freiwillige: 18 Uhr, Südring 36