Die Schlacht der DJs

Die Endrunde läuft: 243 DJs treten in den nächsten Wochen im Internet gegeneinander an. Wer gewinnt, entscheiden die Zuhörer. Allerdings krankt das Dortmunder Pilotprojekt noch an allen Ecken

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Der Zulauf ist beachtlich. Mehr als 500 DJs meldeten sich, als das Informatik Centrum Dortmund (ICD) im Sommer sein neuestes Projekt vorstellte: das so genannte Radiobattle, ein Wettbewerb für DJs und solche, die es gerne wären. Das Konzept ist simpel: In Blöcken à zwei Stunden treten rund um die Uhr jeweils drei DJs im Internet gegeneinander an. Ihre einzige Waffe ist Musik. Und wer schließlich die beste Einschaltquote vorweisen kann, kommt eine Runde weiter – bis der Günther Jauch der Radio-DJs übrig bleibt.

Seit Montag läuft die Endrunde, 243 DJs sind noch dabei. Wie gesagt: An denen mangelt es nicht, nur die Zuhörer lassen sich bisweilen noch bitten. Meistens würden die Freunde jener DJs einschalten, die gerade auflegen, weiß Harald Gebhard vom ICD, der das Projekt betreut. Wobei das Wort „Auflegen“ nicht greift. Die DJs, die sich hier in den Wettkampf stürzen, spielen die Songs nicht synchron ein. Und auch schöpfen sie nicht aus ihrer eigenen Plattensammlung, sondern müssen auf das zurückgreifen, was das ICD auf dem Server bereit hält. Dort liegen derzeit rund 15.000 Titel, aus denen die DJs eine Setlist anlegen können, die dann in ihrem Block abgespielt wird. Wenn man nachts einschaltet, kann es also passieren, dass der DJ schläft. Die Musik läuft ja automatisch.

Genau an dieser Stelle krankt die Idee vom Internetradio für jedermann (und -frau). Etliche DJs aus der House- und Techno-Szene hatten Interesse, sind aber letztlich abgesprungen, weil diese Form des „Auflegens“ ihrer Idee davon vollkommen entgegen läuft: Abgesehen davon, dass House-DJs im Internet ihrer Werkzeuge, zum Beispiel des Vinyls, beraubt werden, sind weder elegante Übergänge noch das Mixen von Songs bei der Radioschlacht möglich. Aus rechtlichen Gründen, wie Gebhard sagt. Er selbst hat es da einfacher. Wenn er in den nächsten Wochen antritt, will der 36-Jährige vor allem die Sparten Rock und Alternative bedienen. Gemixt wird da ohnehin nicht viel.

Aber gut: Die ganze Geschichte ist noch nicht ausgereift. Gebhardt optimiert fortwährend das System, hört auf die Wünsche der DJs, so dass es künftig auch möglich sein soll, Songs aus der eigenen Sammlung zu spielen. Und – denn auch das hört man ja gelegentlich im Radio – sich mit einem Wortbeitrag einzuschalten. Eins zu eins wird das dann aber immer noch nicht sein: Wer seinen Sermon zu Gehör bringen will, muss den etwa 20 Minuten vorher aufnehmen und an den Server exportieren. Radio mit Charme hört sich anders an.

Vielleicht liegt es auch daran, dass Gebhard und Kollegen hier ein System testen, was es später einmal jedem möglich machen soll, Internetradio zu fabrizieren. Und zwar ohne große Computerkenntnisse und, jawohl, auch ohne eigene Plattensammlung. Dass sich mit Internetradio allerdings nicht der große Reibach machen lässt, weiß auch Gebhard. Das Pilotprojekt finanziert sich vor allem durch Partner und Sponsoren; ob man die Technik nachher an Menschen verkaufen kann, die den grenzdebilen 80er-Jahre-Streifen „Radio Powerplay“ mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger nachspielen wollen? Wohl eher nicht.

Die Endrunde läuft bis zum 22. November – jeden Tag, rund um die Uhr. www.radiobattle.de