Mehr Zahnersatz gefällig?

Kronen & Co sind im Zuge der Gesundheitsreform teurer geworden. Das Interesse an zusätzlichen privaten Versicherungen ist groß – ebenso wie die Verunsicherung. Verbraucherschützer geben Tipps

Derzeit übernimmt keine Versicherung die Kosten für Zahnersatz komplett

VON LARS KLAASSEN

„Immer mehr Menschen erkundigen sich bei uns nach Zahnzusatzversicherungen“, sagt Dörte Elß von der Verbraucherzentrale Berlin. Im Zuge der Gesundheitsreform müssen Patienten seit dem 1. Januar 2005 deutlich mehr zahlen, wenn sie Zahnersatz nach Wunsch haben möchten. Im vergangenen Jahr haben neben den privaten auch die gesetzlichen Krankenkassen ihren Mitgliedern zusätzliche Versicherungen offeriert. Während die monatlichen Kosten offensichtlich sind, ist der Ertrag solcher Versicherungen für die Patienten schwer durchschaubar.

Das liegt nicht zuletzt am komplizierten Abrechnungsmodus des Gesundheitssystems. Weil die Nachfrage ebenso groß ist wie die Verwirrung, hat Stiftung Warentest die privaten Zahnzusatzversicherungen unter die Lupe genommen. Fazit: Der Kunde muss wissen, was er will. Dann kann sich eine Zusatzversicherung rechnen. „Anders, als viele glauben, zahlen die gesetzlichen Krankenkassen nach wie vor auch bei Zahnersatz“, betont Elß. Für Kronen, Brücken und Prothesen gibt es einen Zuschuss. Seit Anfang des Jahres ist dieser „befundbezogen“. Das heißt: Für jedes Problem haben Kassen und Zahnärzte eine Standardlösung definiert, die kostengünstige Regelversorgung.

Beim Backenzahn zum Beispiel, der mit einer Füllung nicht mehr repariert werden kann, ist das die Metallkrone. Anhand von Durchschnittspreisen wurde dafür der Betrag von 230 Euro festgelegt. Diese Summe wird in der gesetzlichen Versicherung zur Hälfte von der Kasse, zur anderen Hälfte vom Patienten übernommen. Wer in den vergangenen fünf bzw. zehn Jahren regelmäßig beim Zahnarzt war, erhält von der Kasse einen Zuschuss von 60 bzw. 65 Prozent. Statt 115 Euro muss der Patient im günstigsten Fall also nur 80,50 Euro zahlen.

Aber Vorsicht: Wer sich eine Krone entsprechend der Regelversorgung einsetzen lässt, hat eventuell mehr als 115 Euro zu zahlen – und zwar für alle Maßnahmen, die den Eingriff verteuern. Muss der Zahnarzt einen Behandlungsschritt aus irgendwelchen Gründen zweimal ausführen, steigen die Kosten. Der Aufschlag dafür bleibt vollständig am Patienten hängen. Eine Zusatzversicherung, die lediglich den Regelanteil des Patienten übernimmt, zahlt ihn nicht. Die Mehrkosten gehen komplett auf Rechnung des Patienten.

Deutlich teurer wird die Zahnarztbehandlung, wenn es mehr sein soll als die Standardvariante. Alles, was deren engen finanziellen Rahmen übersteigt, berechnet der Zahnarzt nach der teureren privaten Gebührenverordnung. Die „private Mehrkostenvereinbarung“ kann folgendermaßen aussehen: Der Patient erhält für eine Keramikkrone eine Rechnung über 550 Euro. Die Krankenkasse schießt wie gehabt 115 Euro zu. Wer den Eigenanteil von 435 Euro deutlich reduzieren möchte, braucht eine Versicherung, die sich nicht nur an den Kosten für die Regelversorgung, sondern am gesamten Rechnungsbetrag beteiligt.

„Was viele gerne hätten“, so die Stiftung Warentest, „haben wir allerdings nicht gefunden.“ Es gebe keine Zusatzpolice, die Rechnungen in beliebiger Höhe komplett erstattet. „In den meisten Fällen muss der Kunde trotz Zusatzversicherung einen Eigenanteil tragen.“ Doch auch eine Teilzahlung durch die Versicherung kann den Geldbeutel erheblich entlasten. Das gilt zumindest für jene, die die „andersartige Versorgung“ in Anspruch nehmen wollen. Bei dieser rechnet der Zahnarzt alles nach der privaten Gebührenordnung ab. Das gilt etwa für eine künstliche Zahnwurzel, Implantat genannt, auf der wiederum der Zahnersatz befestigt wird. Laut einem Beispiel der Stiftung Warentest kann diese Variante rund 1.800 Euro kosten. Die Kasse würde davon 273 Euro übernehmen. Das ist der Zuschuss für eine Brücke. Die Stiftung Warentest hat Zusatzversicherungen ermittelt, die bis zu 85 Prozent der Gesamtkosten übernehmen. In diesem Fall zahlt der Patient nur noch 270 statt 1.527 Euro. Für solche Leistungen müssen Versicherte allerdings auch monatliche Beiträge von rund 20 Euro berappen.

Doch: „Frauen zahlen meist mehr als Männer, ältere Neukunden mehr als jüngere“, hat Stiftung Warentest festgestellt. Viele Versicherungen nehmen keine Kunden auf, die älter als 65 sind. Elß verweist ältere Menschen an die gesetzlichen Kassen: „Die bieten speziell für Senioren Versicherungen an.“ Wer ein schadhaftes Gebiss hat und kurz vor der großen Sanierung noch schnell eine Police abschließt, hat davon in der Regel nicht viel. Die meisten Versicherungen haben eine Wartezeit von mehreren Monaten, bevor die erste Rechnung vorgelegt werden darf. Außerdem ist die Erstattung in den ersten Jahren häufig begrenzt. Einige Versicherer verlangen von Klienten mit schlechtem Gebiss einen Risikozuschlag. „Schummeln nützt nichts“, warnt die Stiftung Warentest, „stellt sich heraus, dass der Kunde Zahnprobleme verschwiegen hat, kann die Versicherung vom Vertrag zurücktreten.“

„Wer absehen kann, dass in einigen Jahren eine umfangreiche Zahnbehandlung fällig wird, sollte sich schon einmal nach einer passenden Versicherung umsehen“, rät Elß. „Wichtig ist, sich die Details genau anzusehen, damit das Angebot auch zu den eigenen Bedürfnissen passt.“