LeserInnenbriefe
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Der Schlüssel zur Armut

betr.: „400 Stunden“, taz vom 15./16. 8. 15

Herzlichen Dank an die Kollegin Agnes Szabó für ihre detailgetreue und realistische Darstellung der Kurse im Bereich Deutsch als Fremdsprache! Seit mehr als zwanzig Jahren arbeite ich als Lehrkraft in diesem so wichtigen Bereich der Erwachsenenbildung und kann ihre Erfahrungen nur bestätigen. Deutlich wird hier, welch soziale Arbeit wir neben der eigentlichen Sprachvermittlung leisten.

Leider ist der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, dass wir diese Arbeit als Scheinselbstständige im Auftrag der Bundesregierung durchführen (im Rahmen der „Integrationskurse“). Wir arbeiten mit kurzfristigen Honorarverträgen (mit sehr geringem Honorar!) ohne jegliche soziale Absicherung und ohne Urlaubsvergütung. Nötig ist für unsere Tätigkeit ein akademischer Abschluss und eine Zusatzausbildung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, bezahlt werden wir nach Abzug all unserer Kosten wie Hilfskräfte ohne jegliche Berufsausbildung.

Seit Jahren weisen wir auf diese katastrophalen Arbeitsbedingungen hin, bislang ohne jeglichen Erfolg; in der Öffentlichkeit wird von politischer Seite stets nur auf die Wichtigkeit des Sprach­erwerbs als Schlüssel zur Integration hingewiesen. Für uns ist diese Tätigkeit der Schlüssel zur Armut! Dringend benötigen wir mehr Öffentlichkeit und die Unterstützung auch der taz! Unser Wunsch ist es, diese wichtige Aufgabe weiterhin mit Engagement leisten zu können – jedoch nur unter dem Vorbehalt fairer Arbeitsbedingungen! MONIKA STRAUSS-ROLKE, Bonn

Überflüssige, einseitige Diskussion

betr.: „N-Wort, Binnen-I, Sternchen“, „Hört wenigstens zu“, taz vom 15./16. 8. 15

Die Diskussion über eine „gendergerechte Sprache“ halte ich für überflüssig und einseitig geführt. Eine solche wird, wie Ihr Interview mit Lann Hornscheidt einmal mehr zeigt, nur von Personen gefordert, die sich von einem neutralen Sprachgebrauch benachteiligt fühlen, warum auch immer. Der Rest der lesenden Bevölkerung muss sich mit den unseligen und unlesbaren Anhängseln herumschlagen. Ich habe mich noch nie benachteiligt oder unverstanden gefühlt, weil ich als „Leser“ oder „Kaufmann“ bezeichnet werde – ich weiß ja, dass ich eine Frau bin, und benötige keinen Hinweis darauf. Für mich sind diese Begriffe (geschlechts-)neutral. CARMEN JANSEN, Detmold

Auf das Rüstungssiegertreppchen

betr.: „Rüstungsexporte sind deutlich gestiegen“, taz v. 10. 8. 15

Deutschland hat im ersten Halbjahr 2015 wieder deutlich mehr Rüstungsgüter exportiert. Zwar redet Wirtschaftsminister Gabriel diese Zahlen schön, aber die Maus beißt daran keinen Faden ab, dass es zweifellos zu viele Kriegsmaterialien sind, die Deutschland exportiert. Weltweit ist unser Land auf Platz 4 der Rüstungsexporteure abgerutscht, und so hat es den Anschein, dass unsere Regierung alles daransetzt, wieder auf das 1-2-3-Treppchen zu kommen, was aber einen traurigen Rekord darstellen würde, da Rüstungsexporte Kriege in Gang bringen und halten können. Dem Frieden zuliebe gehören Rüstungsexporte und Rüstungsproduktion eingestellt und die Hersteller von Rüstungsgütern auf die Produktion ziviler Güter umgestellt.

JOACHIM FISCHER, Bremen

Für das Glück der Veränderung

betr.: „New Labour’s Albtraum“, „Der kurze Sommer des Sozialismus“, taz vom 15./16. 8. 15

Noch während ich einen Brandbrief an die taz schickte, war die Wochenendausgabe wohl schon im Druck mit den guten Beiträgen eures Irland-Korrespondenten Ralf Sotscheck und dem wunderbaren Kolumnisten Robert Misik aus Wien über Jeremy Corbyns Kandidatur für den Labourvorsitz. Nachdem ich mich bereits gezwungen sehe, wie ein DDR Bürger nur noch Westfernsehen zu schauen („BBC-World News“ statt die dumpfen und tumben „Tagesschau“- und „heute“-Sendungen), spielte ich schon mit dem Gedanken, auch bei meiner Zeitungslektüre ganz auf The Guardian und Le Monde umzuschalten. Das ist zum Glück nicht der Fall, da wir gemeinsam auch weiterhin im dauerhaften Merkelherbst für das Glück der Veränderung eintreten (Alain Badiou), statt in der Zufriedenheit der Besitzstandswahrung dahinzudämmern. MALTE RAUCH, Frankfurt am Main

Ein mäkeliger Bericht

betr.: „Lost in Lohberg“, taz vom 12. 8. 15

Eure Berichterstattung über die Ruhrtriennale gefällt uns nicht. Das ist ein mäkeliger Bericht zur Eröffnung in Dinslaken, wo der Intendant Johan Simons das Prekariat im Stadtteil Lohberg vergeblich mit Kunst zu erreichen versuche und stattdessen nur die Bourgeoisie für einen Abend in den Problembezirk hole.

Was macht eigentlich gerade die Berliner Bourgeoisie? Interviews mit Heino? Kunst in Marzahn? – Aber gut, dass uns keine Hauptstädter die Karten wegschnappen. Wir finden die Ruhr­trien­nale großartig und werden dort auch Terry Rileys 80. Geburtstag feiern. GUIDO BERGER, CHRSTINE SCHREIBER, Bielefeld