Porträt
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Zum Weltklasse-Hochspringer aufgestiegen: Eike Onnen  Foto: dpa

Die brilliante arme Wurst

Eike Onnen, charmanter und begnadeter Hochspringer, bricht gerade alle Rekorde im Lächeln. Der 33-jährige Athlet aus Hannover hat sich wie aus dem Nichts seine dritte Teilnahme an einer Leichtathletik-Weltmeisterschaft gesichert. Und das nach einem sportlichen Absturz erster Güte. Nach zwei Jahren, die für ihn ein totaler Reinfall waren.

Onnen war von seiner Bestleistung mit übersprungenen 2,34 Metern auf die mickrige Höhe von 2,12 Metern abgesackt. Andere Sportler werden wegen so was kritisch beäugt, denn Leistungsschwankungen dieser Güte sind verdächtig. Den Absturz in eigener Sache konnte Onnen aber immer erklären. Zu viele Verletzungen, zu wenig Selbstvertrauen und dazu ein Mangel an Spaß: Da ist es kein Wunder, dass Onnen so tief gefallen war. Inzwischen ist sein Erfolgsdruck auf ein Minimum geschrumpft. Die Schmerzen sind verschwunden, zehn Kilogramm Körpergewicht auch. Er sagt, er sei endlich wieder frei im Kopf.

Und nun fährt er also zur WM nach Peking, die vom 22. bis 30. August stattfindet. Die Wettkämpfe in China stören manchen deutschen Athleten bei der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2016 im brasilianischen Rio de Janeiro. Mancher schont sich lieber, andere wollen in Ruhe schuften. Onnen, der aus einer klassischen Sportlerfamilie mit fünf Kindern kommt, will unbedingt teilnehmen. Seine Mutter, Astrid Fredebold-Onnen, ist zugleich seine Trainerin. Auch sie lächelt so schön, wenn ihr Sohn von seiner überraschenden Reise nach Peking erzählt.

Hochspringer sind große Könner und arme Würste. Sie kommen nur zu Ehren, wenn sie einen Weltrekord schaffen, bei einer WM triumphieren oder bei Olympischen Spielen auf das Medaillentreppchen klettern dürfen. Onnen hätte auch so deutlich häufiger Applaus verdient. Er distanziert sich laut und regelmäßig von jenen Sportlern, die zu Dopingmitteln greifen. „Es ist für die Leichtathletik eine ziemliche Katastrophe“, sagte Onnen erst vor Kurzem in einem Fernsehinterview mit den Norddeutschen Rundfunk, als er auf die aktuellen Dopingskandale in der weltweiten Elite angesprochen worden ist.

Aber Debatten wie die über Doping sollen ihn bei seinen Bemühungen um viel Spaß und gute Leistungen in seinem Sport nicht stören. Bei der WM in Peking ist es sein Ziel, das Finale der besten Hochspringer zu erreichen. Den Sprung nach Rio de Janeiro zu den Olympischen Spielen zu schaffen, nennt er seinen großen Traum. Und wenn er davon erzählt, sieht der vom Sportler mit Rückschlägen zum Weltklasse-Athleten aufgestiegene Onnen total entspannt aus. Christian Otto