„Träume gehören zum Sport“, gaben Hertha-Trainer Pál Dárdai und Norbert Meier nach der Partie gegen Bielefeld zu Protokoll. Sehen die Fans auch so Foto: Wolfgang Rattay/reuters

Zurück ins Mittelfeld!

Fussball Die Zweite Liga ist schon mittendrin, in der Bundesliga beginnt heute die Saison für Hertha BSC. Doch allzu große Vorfreude ist fehl am Platz: Unwahrscheinlich, dass die sportlichen Ziele diesmal erreicht werden

Von Ronny Müller

Es geht wieder los. Am heutigen Samstag, 15.30 Uhr, startet Hertha BSC in Augsburg in die neue Bundesligasaison. Damit ist nach Union auch das zweite Berliner Profifußballteam im Rennen um Punkte und Platzierungen. Und wie immer soll in dieser Saison alles besser, schöner, toller werden als zuvor, ja als es jemals war.

Hertha-Trainer Pál Dárdai hat noch vor der ersten Runde im DFB-Pokal erklärt, dass nur das Finale im heimischen Olympiastadion das Ziel sein soll. Sein Köpenicker Gegenüber Norbert Düwel will in Liga zwei zwischen Platz eins und sechs landen.

Die Ziele der Berliner Kicker passen gut zu dieser Stadt, die selbstbewusst stets alles will und dabei immer wieder von kleinen und größeren Katastrophen eingeholt wird. Am Ende steht häufig wieder nur Mittelmaß – wenn es nicht noch schlimmer kommt. Ganz ähnlich übrigens Berlins derzeit bekannteste Katastrophe im Süden vor der Stadt, die bereits knapp 6 Milliarden Euro verschlungen hat.

Ganz so dramatisch ist die Situation bei den beiden Fußballvereinen (siehe nebenstehenden Kasten) nicht. Dennoch blieben die Erfolge in den vergangenen Jahren meist hinter den eigenen Ansprüchen zurück.

Da ist zum einen Hertha BSC, der chronisch größenwahnsinnige Klub aus Charlottenburg. Auf einige erfolgreiche Jahre Anfang bis Mitte der 2000er Jahre folgte eine Phase der Depression mit zwei Abstiegen in den vergangenen fünf Jahren.

Die Ziele der Kicker passen gut zu dieser Stadt, die stets alles will und häufig nur Mittelmaß ist

Identifikationspotenzial bietet die Hertha wenig. Wie die Stadt besteht auch die Mannschaft zum großen Teil aus Zugezogenen, während die eigene Jugend ihr Heil anderswo sucht. Einziger Sympathieträger ist derzeit Dárdai, der seit fast 20 Jahren als Spieler und Trainer die Knochen und den Kopf hinhält. Ihm ist nur zu wünschen, dass sein ehemaliger Mitspieler Preetz in Krisenzeiten länger zu ihm hält als zu manchem seiner Vorgänger.

Bei Union, der Malocherschwester aus dem Osten, heißt sogar der Stadionsprecher Arbeit. Im Gegensatz zu Bezirksoriginal Friedrich Wilhelm Voigt, besser bekannt als Hauptmann von Köpenick, gibt sich der Verein nicht als etwas aus, was er nicht ist. Das schafft Volksnähe.

Eine Fahrstuhlmannschaft

Sportlich ist bei den Köpenickern jedoch seit der Neugründung 1966 Mittelmaß Tradition. Zu Zeiten der DDR-Oberliga war der Verein eine Fahrstuhlmannschaft, pendelte regelmäßig zwischen Erster und Zweiter Liga. In der Neuzeit peilt „Eisern Union“ seit gefühlten fünf Jahren den Aufstieg in die Bundesliga an, steckt jedoch genauso lange im Mittelfeld der Zweiten Liga fest. Auch die neue Zweitliga-Saison startete mit einem Punkt aus zwei Spielen wenig vielversprechend.

Hertha BSC: Der Verein aus Charlottenburg-Wilmersdorf wurde am 25. Juli 1892 gegründet und hat aktuell rund 32.600 Mitglieder, die sich in 700 offiziellen Fanklubs engagieren. Größte Erfolge sind zwei Deutsche Meisterschaften (1930, 1931). Heimstätte ist das Olympiasta­dion mit 74.244 Plätzen.

1. FC Union Berlin: Der Klub, am 20. Januar 1966 gegründet, sollte nach Wunsch des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes ein Klub für die Werktätigen sein. Hat circa 12.300 Mitglieder und 47 offizielle Fanklubs. Zu Hause ist Union im Stadion an der Alten Försterei in Köpenick. (rom)

Peinlicher Höhepunkt des verpatzten Auftakts war die 0:2-Niederlage in der ersten Runde des DFB-Pokals bei Viktoria Köln am vergangenen Samstag. „Schlimmer wird‘s nicht“, lautet die Losung, mit der sich Union fortan unbeschwert der Zweitliga-Saison widmen kann, an deren Ende wohl wieder nur eines steht: Mittelmaß.

Damit wäre Hertha BSC wohl schon zufrieden, ist doch der Abstiegsangstschweiß auf Michael Preetz‘ Stirn gerade erst getrocknet. Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung sehen auch viele selbst ernannte Fußballexperten in Berlin den Abstiegskandidaten Nummer 1.

Für falschen Pessimismus besteht jedoch gar kein Grund. Ein Blick zurück in die Jahre 1930/31 zeigt: Hertha kann Meister. Auf geht‘s!

7 Tipps für Hertha SEITE 43, Interview mit Union-­Stadionsprecher SEITE 46