DIE KÜRZUNGEN IM US-HAUSHALT GEHEN AUF KOSTEN DER ARMEN
: Habenichtse wählen nicht

In Deutschland würden sie zu ausufernden Debatten führen, im Lande des George W. Bush gehen sie dagegen fast geräuschlos über die Bühne: die drastischen Haushaltskürzungen, die sich Senat und Repräsentantenhaus vorgenommen haben. Republikaner wie Demokraten wollen an dieser Stelle „Steuerdisziplin“ unter Beweis stellen. Die ist dringend notwendig: Der Krieg im Irak, die Kosten des Wiederaufbaus von New Orleans und ein großzügiges Straßenbauprogramm kosten viel zu viel Geld. Geld, das angesichts der durch den Präsidenten wider alle Vernunft erneut in Aussicht gestellten Steuerkürzungen einfach nirgendwo sonst zu holen ist – als bei den Habenichtsen.

So betreffen die Kürzungen etwa Lebensmittelmarken für mittellose Immigranten, die Bush erst 2002 persönlich durchgeboxt hatte. Damals buhlte er noch um die Stimmen der größten Einwanderergruppe, der Latino-Immigranten, die davon überproportional profitieren. Im Augenblick aber sind dankbare Migranten nicht gefragt, und die Armen ohnehin nicht – sie gehen ja kaum wählen. Dabei wird mit den Kürzungen in Kauf genommen, dass Millionen US-Familien aus jeglicher Krankenversicherung herausfallen. Und dass die beiden existierenden Gesundheitssysteme, Medicaid und Medicare, nachhaltig geschwächt werden.

Zwar schimpfen und toben die Demokraten an dieser Stelle immerhin ein bisschen. Wirklich schlaflose Nächte aber bereiten ihnen die Maßnahmen nicht. Zu ernsthaften Auseinandersetzungen kommt es lediglich bei der Freigabe der Ölbohrrechte in Alaska. Die wollen selbst Republikaner verhindern – schließlich geht es um ein Stück imageträchtiger amerikanischer Natur. Vielleicht ist manchen Kritikern ja auch bewusst, wie sinnlos es ist, dem ohnehin zur Neige gehenden Brennstoff mit hohem Aufwand hinterherzubohren. Umweltgruppen bezweifeln, dass die Vorkommen im Norden der USA überhaupt so groß sind, wie die Energielobby behauptet. Leider wird an dieser Stelle Klientelpolitik in Reinform betrieben. Bush, der Freund der Ölindustrie, denkt eben stets an seine Wähler. ADRIENNE WOLTERSDORF