LeserInnenbriefe
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Rohkost macht nicht süchtig

betr.: „Die unverträgliche Gesellschaft“, taz vom 1./2. 8. 15

Der Ansatz des Artikel ist falsch. Wenn die Hälfte aller Deutschen übergewichtig ist – so weit sind wir wohl inzwischen –, stimmt etwas mit unserer Ernährung nicht. Und wenn Krebs und andere Zivilisationskrankheiten uns zu Opfern des medizinisch-industriellen Komplexes zu machen drohen, haben wir wohl Grund zu überlegen, für welche Art Ernährung wir eingerichtet sind. Darauf gibt es nur eine Antwort: Rohkost, nicht gekochte, nicht verarbeitete Nahrung, kein Brot, kein Schnitzel und auch keine Milch mit Folgeprodukten (Milch von der Mutter ist Erstnahrung für das Baby und Milch von der Kuh für das Kalb). Der Gebrauch von Feuer ist noch nicht so alt, dass er unsere durch die Evolution geformte Ausstattung hätte verändern können.

Rohkost sättigt, macht aber nicht süchtig. Rohkost bedeutet, sich mit lebendiger, energiereicher, nicht totgekochter Nahrung zu erhalten. Hier steht ein Selbstversuch offen. Meinetwegen braucht kein Supermarktregal eingerichtet oder geleert zu werden. Ich bin mit einer tadellosen Versorgung durch unseren Wochenmarkt hochzufrieden. ELISABETH KASCH, Reinbek

Fraport wahrt griechischen Stolz

betr.: „Mörderische Politik“, Leserinnenbrief vom 3. 8. 15

Ist Fraport eine obszöne schäbige Schnäppchenjägerin, die sich die 14 gewinnträchtigsten Flughäfen Griechenlands unter den Nagel reißt? Grundsätzlich: Fraport hat diese in einem Bieterwettbewerb gewonnen. Ist doch besser als die Chinesen, oder?

Selbstverständlich sucht man sich bei Zwangsverkäufen die Filetstückchen raus. Und wer die Schulden hat, muss nun mal unter Preis verkaufen. So funktioniert sie eben, unsere Marktwirtschaft, auch in der EU. Ist doch gut und höchste Zeit, dass Gewinne und Zinsen nach Deutschland gehen, vor allem aus Griechenland, bitte schön. Bliebe zwar zu klären, warum nur an die Fraport-Anteilseigner und nicht an uns Steuerzahler. Zugegeben, das Prinzip „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren“ ist nicht so leicht zu begreifen.

Hoch anzuerkennen ist aber, dass die Fraport einen griechischen Oligarchen in die Betreibergesellschaft einzubinden vermochte, wenn auch nur mit 5 Prozent. So bleibt der griechische Stolz gewahrt und die Deutschen müssen sich nicht wieder Bestechung vorwerfen lassen. Wenn jetzt der aktuelle griechische Infrastrukturminister gegen diesen Fraport-Deal lospoltert von wegen „Gettoisierung“ oder „Kolonisierung“, so gilt nur eine Antwort: „Regeln einhalten!“ Nur so entsteht Vertrauen! Pech gehabt, wenn dieser Vertrag mit einer klientelistischen Vorgängerregierung ausgehandelt wurde.

Wenn in diesem Vertrag der Fraport ausdrücklich genehmigt wird, auf „ihren“ 14 Flughäfen die Nutzergebühren um mehr als das Doppelte zu erhöhen, dann zahlen selbstverständlich zukünftig nur Kunden, die sich das leisten wollen. Natürlich heben diese dann auch die Preise der Fluggesellschaften und Touristikunternehmen samt Hotellerie an. Aber gleich Gettoisierung?

Staatliche geführte Betriebe sind nun mal grundsätzlich unwirtschaftlich und bei den Pleitegriechen sowieso. Warum überhaupt so viele Flughäfen in Griechenland? Können die Inseln nicht wieder per Schiff erreicht werden wie früher?

BERND LOHMANN, Frankfurt am Main

Klassische Realpolitik

betr.: „Russischer Irrsinn“, taz vom 31. 7. 15

taz-Auslandschefin Barbara Oertel „kritisiert“ das russische Veto gegen ein UN-Tribunal zum Abschuss von MH17 als „Irrsinn“. Zwar kann ich mich nicht erinnern, dass schon jemals ein Sicherheitsratsmitglied einem Tribunal wegen ziviler „Kolateralschäden“ während eines Krieges zugestimmt hätte, an dem dieser Staat beteiligt war. Gleichwohl macht dies die Kritik nicht unberechtigt. Oertel aber macht daraus eine Vermengung verschiedener Punkte, um „die russische Politik zu diskreditieren“. Klassische Realpolitik einer Regierung, die ihre – kritikwürdigen – Interessen schützt, wird zu „menschenverachtendem Zynismus“. Dazu gepackt wird die Kritik am Verlauf eines Gerichtsprozesses, der noch gar nicht begonnen hat, und zu diesem ganzen Oertel’schen „Irrsinn“ passt denn auch ihre Erwähnung der Gesetzesinitiative eines (!) Abgeordneten der kommunistischen Opposition (!) zu Menüfragen in Restaurants (!), um ihr Urteil über „Putin und Konsorten“ abzuschließen. Als Leser brauche ich sachliche Informationen, um mir eine Meinung bilden zu können, keine Propaganda. HORST SCHIERMEYER, Zittau

Die Welt ist vielfältig

betr.: „Handreichungen“, taz vom 5. 8. 15

Charlotte Wiedemann bringt das momentane Informationsproblem auf den Punkt. Herzlichen Dank dafür! In letzter Zeit fühle ich mich immer mehr an Zustände erinnert, die George Orwell in seinem Werk „1984“ beschrieb. Bei „Griechenland“ und anderen Themen war es schwierig, andere, vom allgemeinen Trend abweichende Meinungen zu finden. Genossenschaftlich strukturiert, bewahrte sich wenigstens die taz Unabhängigkeit. Die Journalisten von Netzpolitik.org machen auch Hoffnung. Freier Zugang zu Informationen ist für eine demokratische Gesellschaft unverzichtbar. Die Welt ist vielfältig. Bei vielen Themen gibt es höchst unterschiedliche Sichtweisen, die sich auch in Presse und Medien wiederfinden sollten. ANDREA BULLMER, Nürnberg