MUSIK

MusikTim CasparBoehmehört auf den Sound der Stadt

Es ist schon eigenartig: Der Sommer gilt ja eigentlich als Saison der Open-Air-Festivals. Vorausgesetzt, die Leute strömen überhaupt in Konzerte und verabschieden sich nicht gleich ins Wasser, um – der verdienten Sommerhitze wegen – den inneren Regelkreis ein wenig zu entlasten. Doch die Jahreszeit hält die Veranstalter kein bisschen davon ab, mehr oder minder dunkle Hallen mit Musik und Menschen zu befüllen, was dann in der Regel auch gelingt. Erstaunlichstes Beispiel ist das vor zwei Jahren wiederbelebte Festival Berlin Atonal, das so langsam seine Schatten vorauswirft und dem willigen Publikum die lauen nächtlichen Sommerlüfte zugunsten Be­ton­aroma und tiefer Frequenzen vorenthält. Im etwas kleineren Maßstab gilt das mit dem Freiluftenzug auch für das Festival A l’arme! Das hatte zwar schon vergangene Woche seinen großen Auftritt im taz.plan, doch es ist ja gerade erst angelaufen; insofern kann eine kleine Erinnerung nicht schaden. Jazz und verwandte Improvisationsstrategien stehen auf dem Programm, sofern sie sich der Angelegenheit mit der Bereitschaft zu Überraschungen nähern. Wie etwa die Saxofonistin Ingrid Laubrock, die sich schon kulturgeografisch nicht so ganz eindeutig zuordnen lässt. Von Geburts wegen deutsch, lebt sie seit einigen Jahren in New York, wo sie dem Brooklyner Jazz zugeordnet wird und mit Bands wie ihrer Formation Anti-House einen so abenteuerfreudigen wie differenzierten Stil entwickelt hat. Am Samstag ist die international gefragte Solistin mit dem Serenus Zeitblom Oktett im Radialsystem V zu hören (Holzmarktstr. 33, 19.30 Uhr, 25–33 €).

Auch ansonsten tut sich noch so einiges fernab des Festivalwesens. So wird am Donnerstag die Reihe „Grand Jeté“ im OHM fortgesetzt. Hier steht elektronische Clubmusik der weniger vorhersehbaren Art auf dem Programm, live zu erleben ist das Projekt Byetone, das Soloprojekt von Olaf Bender, Mitgründer des für Techno-Abstraktionen und andere Klangforschung bekannten Labels Raster-Noton. Doch auch die angekündigten DJs lassen aufhorchen, allen voran die Klangkünstlerin Lucrecia Dalt. Neben ihr wird unter anderem ein gewisser Hitchie Rawtin auflegen (Köpenicker Str. 70, 22 Uhr, 7 €).

Wer nach dem A l’arme!-Festival noch nicht genug von Jazz-Erkundungen hat, kann diese am Sonntag mit dem Sun Ra Ar­kes­tra fortsetzen, das – nach dem Tod seines Namensgebers – unter der Leitung des Saxofonisten Marshall Allen im Sinne seines Gründers weiter den Zusammenhang zwischen kollektiver Tonerzeugung, kosmischer Strahlung und Erleuchtung im Weltall erkundet. Ihre Zwischenlandung im A-Trane kann man am Montag gleich noch einmal erleben (Bleibtreustr. 1, 21 Uhr).