„Zur Schau gestellt“

FLüchtlinge Die Linke Cansu Özdemir über die Alternativen zu Massenunterkünften

Cansu Özdemir

Foto: dpa

26, studiert Politikwissenschaft und ist seit 2015 stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Hamburger Linken.

taz: Frau Özdemir, was ist für die Linke die Alternative zu Massenunterkünften?

Cansu Özdemir: Gebäude wie die frühere Schule in der Laeisz­straße im Karoviertel etwa. Die Schule steht schon lange leer, die Räume sehen aus wie neu.

Jeden Tag kommen 300 Flüchtlinge in die Stadt, die in Sammelunterkünften untergebracht werden. Was würden Sie anders machen?

Wir müssen gleichzeitig an kurz-, mittel- und langfristigen Möglichkeiten arbeiten. Und wir müssen sofort anfangen, kleinere und dezentrale Unterkünfte herzurichten und etwa den Brandschutz nachrüsten. Dabei sind verbindliche Mindeststandards wichtig.

Welche sind das?

Zustände wie in der Erstaufnahme in der Schnackenburgallee, wo eine Frau mit fremden Männern untergebracht wird und so sechs Wochen lang ihr Kopftuch nicht absetzen kann, sind nicht tragbar. Es mangelt an Kultursensibilität, es braucht Standards für Raumgrößen und Hygiene. Wir haben beim Senat einen Antrag gestellt, dass sich Flüchtlinge wie in Bremen nach drei Monaten eine Wohnung suchen dürfen. Eine andere Frage ist allerdings, ob sie die Wohnung dann auch bekommen.

Wissen Sie von Vermietern, die an Flüchtlinge vermieten wollen?

Ich habe mich in der migrantischen Community umgehört und da gibt es durchaus Personen, die über Wohnungen verfügen, die sie auch an Flüchtlinge vermieten würden. Der Senat könnte an diese Personen herantreten und auch Aufrufe starten.

Welches Problem würde die Linke in der Flüchtlingspolitik als erstes angehen?

Am schnellsten muss man etwas gegen die Zeltunterbringung tun. Wir können nicht über Riesenspektakel wie Olympia sprechen, in die auch öffentliche Gelder fließen, und auf der anderen Seite Flüchtlinge in Zelten unterbringen. Die Situation ist schwierig, aber Zelte auf einer Grünfläche aufzustellen, in denen Menschen zur Schau gestellt werden, geht gar nicht.

Interview: Lena Kaiser