Miese Laune für die Nazis

Protest Am Bahnhof Bad Nenndorf blockieren Demonstranten Gleise, um die Rechten zu stören. Deren „Trauermarsch“ verzögert sich und geht später im Lärm unter

Hier gibt es nichts zu sehen: Polizei räumt Antifa-Blockade Foto: Theo Schneider

Aus Bad Nenndorf Andreas Speit

In Bad Nenndorf wird der „Trauermarsch“ der rechtsextremen Szene am Samstagnachmittag mit lautstarkem Protest zum Schweigen gebracht. Kein Satz, kein Wort ist außerhalb der im Kreis aufgestellten Rechtsextremen zu hören. Am Wincklerbad können selbst nicht alle Rechten den Reden folgen. „Bitte senken Sie die Lautstärke, damit die Kundgebung ungestört verlaufen kann“, bittet die Polizei die GegendemonstrantInnen.

Schon am Vormittag stand fest, dass der Jubiläumsmarsch für die Szene von NPD, Kameradschaften und „Die Rechte“ kein Jubelevent würde. „Wir bleiben zusammen! Wir bleiben hier“, skandierten rund 300 Gegendemonstranten gegen 10 Uhr auf dem einzigen Bahnsteig des Bahnhofes, an dem auch die Rechtsextremen ankommen sollten. Deren Anreise verzögerte sich durch die Bahnhofsblockade.

Der friedliche Protest endet nach mehr als zwei Stunden, als die Polizei einschreitet. Die Beamten müssen viele der Demonstranten wegtragen. Es kommt zu Handgreiflichkeiten, die Beamten setzen Pfefferspray ein.

Fast zeitgleich zu der Aktion am Bahnhof findet am Gedenkstein der jüdischen Gemeinde eine Kundgebung des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“ mit rund 600 Teilnehmern statt. Mit Blick auf die Geschichte des Trauermarsches sagt Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD): „Das starke, nicht nachlassende Engagement der Bürgerinitiative ‚Bad Nenndorf ist bunt‘ hat erreicht, dass deutlicher weniger Neo­nazis jährlich nach Bad Nenndorf kommen.“

Seit 2006 kommen die Rechtsextremen zum Wincklerbad, einem ehemaligen Badehaus, um den Nationalsozialismus zu idealisieren und an die „Verbrechen der Alliierten“ in und nach dem Zweiten Weltkrieg zu erinnern. In der Nachkriegszeit diente das Bad dem britischen Geheimdienst als Verhörlager, in dem zunächst hochrangige Nazis inhaftiert waren und im aufkommenden Kalten Krieg dann auch vermeintliche Kommunisten.

Ein Großteil der Rechtsextremen muss nach Bad Nenndorf laufen

Den Trauermarsch mit Trommeln und schweigenden Teilnehmern wollte das rechte „Gedenkbündnis“ einst zu einem seiner zentralen Aufmärsche aufbauen. Anfangs kamen auch schon einmal 1.000 Teilnehmer. Mit den Jahren aber wuchs der Widerstand – und die Teilnehmerzahl sank auf 200 Marschierende.

In diesem Jahr ist durch die Blockade am Bahnhof lange unklar, wie viele Rechte aufmarschieren. Ein Großteil der Rechtsextremen muss ob der nicht fahrenden Züge vom rund sieben Kilometer entfernten Haste nach Bad Nenndorf laufen. Fast drei Stunden später als geplant zieht dann der Tross von 180 Männern und Frauen die Straße entlang.

Am Wincklerbad angekommen, merkt man den Rechten an, dass der Lärm ihre Laune trübt. Sven Skoda (Die Rechte) versucht noch, bei der Polizei zu intervenieren. Angestrengt schimpft er dann vor seinen Kameraden über das angebliche „Scheiß-System“. Maria Fank vom NPD-nahen „Ring Nationaler Frauen“ beschwört die „echten Deutschen“, die zu einem wahren Deutschland stünden. Schnell kehrt der Tross dann zum Bahnhof zurück. „Das war ein schöner Tag für uns“, sagt eine jubelnde Anwohnerin auf einer Hotelterrasse und fügt hinzu: „Nächstes Jahr feiern wir hier wieder.“