Biolandbau in der Krise

Stagnation Politik, Agrarindustrie und „Markt“ machen den biologisch ausgerichteten Landbau platt. Neue Strategien werden gesucht

Biobauer düngt mit Jauche statt Chemie. Bayern im Juli Foto: dpa

Kerosintriefend

betr.: „Ökolandbau dümpelt vor sich hin“, „Bioäpfel aus dem Ausland“,taz vom 27. 7. 15

Es ist bitter, in der taz zu lesen, dass der Preisanstieg für konventionelle Agrarpunkte und der dadurch bedingte geringer gewordene Anreiz für Bauern, biologische Landwirtschaft zu betreiben, und der zunehmende und sehr lukrative Monokulturanbau für das Betreiben von per EEG subventionierten Biogasanlagen in den letzten Jahren die Ausbreitung von ökölogisch-biologischem Anbau ausbremst.

Als Kunde kann ich mich über Bioprodukte aus Argentinien doch nur dann freuen, wenn ich vom ökologischen Sinn des biologischen Anbaus seine Bedeutung als regionales Produkt mit entsprechend kurzem Weg vom Produzenten zu mir als Konsument und deshalb auch mit der Transparenz seiner Produktion in der Region (sich zum Beispiel die Bauernhöfe mal ansehen) abtrenne. Für mich wird mit einem 10.000 Kilometer langen Frachtweg per Flugzeug der Bioapfel, weil kerosintriefend, als Produkt ökologischer Anbauweise ad absurdum geführt.

DIETRICH VON KNOBLOCH,Freiburg

Neue Strategie

betr.: „Landwirtschaft braucht neue Strategien“, „Ökolandbau dümpelt vor sich hin“, taz vom 27. 7. 15

Die Mutter aller Probleme ist bei beiden landwirtschaftlichen Wirtschaftsformen (konventionell und biologisch) gleich. Die Marge für unsere Produkte ist in beiden Fällen viel zu gering, um nachhaltig wirtschaften zu können. Einzige Ausnahme ist vielleicht Direktvermarktung und Solidarische Landwirtschaft, wobei diese Vermarktungsformen mengenmäßig keine Rolle spielen. Die Rede ist von einer neuen Strategie. Die Strategie liegt auf der Hand: Lasst uns gemeinsam für regulierte Märkte und gegen einen ausufernden Neoliberalismus kämpfen. Wenn wir in diesem Punkt nichts ändern wollen, werden wir auf allen Feldern der Landwirtschaft versagen. Die Forderungen zur Verschärfung des Ordnungsrechts ohne steigende Produktpreise wird die LandwirtInnen nur weiter frustrieren und zum Aussteigen bewegen

JOACHIM SCHOOF, Börm

Biobauern zuerst

betr.: „Ökolandbau dümpelt vor sich hin“, taz vom 27. 7. 15

Viele Ökobauern würden gern wesentlich mehr produzieren, da die Nachfrage sehr groß ist. Dazu reiche aber das Land nicht aus, und mehr sei nicht ohne Weiteres zu bekommen. Das liegt zum großen Teil an den häufig hohen Kauf- und Pachtwerten, die sich in den letzten Jahren vervielfältigt haben.

In den ostdeutschen Ländern befinden sich inzwischen riesige Ackerflächen im Besitz von außerlandwirtschaftlichen stillen Kapital­investoren, die die gestiegenen Bodenpreise locker bezahlen können, wodurch freie Bauern benachteiligt wurden und werden. Das geht noch zurück auf die Vergabe früheren LPG-Besitzes durch die Treuhand, sodass heutige Agrargenossenschaften immens große Flächen bewirtschaften können, die darüber hinaus die höchsten EU-Subventionen einstreichen können.

Bisher hat auch die bundeseigene Bodenverwertungs- und verwaltungsGmbH (BVVG), die Nachfolgerin der Treuhand, noch in ihrem Besitz befindliche Flächen zum Höchstgebot versteigert. Diese Vergabepraxis gehört auf den Prüfstand, zumal ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs besagt, dass Ackerland aus deutschem Staatsbesitz nicht unbedingt zum Höchstpreis verkauft werden muss. Biobauern sollten hier bevorzugt berücksichtigt werden.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Wütende Bauern

betr.: „Sind deutsche Bauern schuld“, taz vom 28. 7. 15

Wütende Bauern sperren Landesgrenzen, wütende Taxifahrer demolieren Autos und entzünden Feuer auf der Straße. Der linke Staatspräsident lädt darauf alle zum Gespräch, äußert Verständnis und ruft alle Franzosen auf, im Sinne patriotischer Bürgerpflicht, nur französische Produkte zu kaufen. So geht Frankreich. Undenkbar in Deutschland. Die Nummer mit dem Patriotismus könnte sich kein deutscher Politiker erlauben, ohne als europafeindlich bis als latent rechts­extrem gebrandmarkt zu werden. Vom Feueranzünden und Autosdemolieren mal abgesehen, würde ein Tick vom revolutionären und gleichzeitig nationalistischen Charakter der Franzosen den Deutschen vielleicht ganz guttun. WERNER ARNING,Mörfelden-Walldorf

Vorausgehorsam

betr.: „Biolandbau dümpelt vor sich hin“, taz.de vom 26. 7. 15

Dass es beim Ökolandbau kein Wachstum mehr gibt, da war die Regierung dem Genanbau schon im typisch deutschen Vorausgehorsam dienstbar. Man sehe sich die Billigprodukte der NestleGroup, bei Lidl und Co nur an und wundere sich dann über die gehäuften Krebs­erkrankungen aller Art bei schon kleinen Kindern.

Die USA haben es vorgemacht und damit geprotzt, wie ihre Pharmaindustrie und Chirurgie das alles wieder hinkriegen. Schöne schwarze Zukunft. Ich hoffe auf die Durchblicker der Ökobranche.RITA DÜTSCH, taz.de

Es läuft was falsch

betr.: „Biolandbau dümpelt vor sich hin“, taz.de vom 26. 7. 15

Die Etikette „Öko“ und „Regional“ sind im Lebensmitteleinzelhandel sehr beliebt. Mit großen Plakaten von glücklichen Kühen auf saftigen Weiden bekommen Verbraucher das Gefühl, die Milch stamme von solchen. Und wenn auch noch die Preise für Lebensmittel unter denen von Hundefutter liegen und die Erzeugung von Energie vom Acker hoch subventioniert wird, läuft etwas falsch in diesem Land.

Übrigens nützt es wenig, konventionelle Tierhalter als Gülleverklapper zu schelten. Aus ganzen Landstrichen ist die Tierhaltung abgewandert, weil diese an bestimmten „Standorten“ noch ein ganz klein wenig billiger ist. Es gibt einige Bereiche des Lebens, die den Regeln des Marktes nicht unterworfen werden sollten, dazu sollte auch die Erzeugung von Lebensmitteln gehören. KARL KRÄHLING, taz.de

Ichbezogenes „Bio“

betr.: „Biolandbau dümpelt vor sich hin“, taz.de vom 26. 7. 15

Wie hoch ist der Anteil an Elite­menschen, die neben dem eher ichbezogenen „Bio“ auch den globalen Sinn und Vorteil von „Öko“ verstehen? Das EU-Biosiegel (das Blattsymbol) steht nur für Bio, nicht für Öko. Es sind also auch die Oberamtsträger mit Öko überfordert. Öko-Nahrung spart viele Kosten ein. Diese gehören kompensiert, zum Beispiel durch niedrigere Krankenkassenbeiträge für Öko­bauern und Befreiung von Mehrwertsteuer bei echter Öko-Ware.

BERT BENGTSON, taz.de

LeserInnenbriefe
:

Ronald Pofalla wird für Regeltreue bei der Bahn zuständig

Wenn sich noch mal irgendjemand über Nepotismus und Korruption anderswo, zum Beispiel in Griechenland, erregt, lache ich ihn oder sie schallend aus

Naso Poeta zu „Choleriker auf der Schiene: Ronald Pofallas Wechsel zur Deutschen Bahn“, taz.de vom 27. 7. 15

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