Rücklagen ohne Rückhalt

ATOM Eon und RWE bekommen laut einer Grünen-Studie Probleme beim Abbau ihrer Kernkraftwerke

Die Gutachter wollen die Rückstellungen verstaatlichen

BERLIN dpa/rtr/taz | Angesichts der Krise der Energiebranche fürchten Experten um die Sicherheit der milliardenschweren Atom-Rückstellungen der größten deutschen Versorger Eon und RWE.

Die Gutachter Wolfgang Irrek und Michael Vorfeld von der Hochschule Ruhr West (HRW) haben die Finanzlage der Konzerne im Auftrag der Grünen untersucht. „Sowohl bei Eon als auch bei RWE ist festzustellen, dass die vorhandene materielle Substanz derzeit höchstens annähernd ausreicht, um die Gesamtheit langfristiger Verpflichtungen decken zu können“, heißt es darin.

Die Professoren gehen davon aus, dass sich die Lage in den nächsten Jahren sogar noch zuspitzen könnte, wenn die schwierige Branchensituation andauere. Zwar haben Eon, RWE, Vattenfall und EnBW fast 38 Milliarden Euro Rücklagen gebildet, um ihre Atomkraftwerke abzubauen. Allerdings ist das Geld in den Konzernen re­­investiert, beispielsweise in neue Kraftwerke, Firmenbeteiligungen oder Finanzanlagen. Deren Wert sinkt allerdings – vor allem die der aufgrund der Energiewende immer unrentableren fossilen Kraftwerke.

Im Jahr 2024 könnten die wesentlichen Vermögenswerte und Beteiligungen der Konzerne weniger als die Hälfte dessen wert sein, was Eon und RWE langfristig an Verpflichtungen durch Schuldentilgung und Atomrückbau haben. Bei RWE stünden einem Vermögen von 19 Milliarden Euro Verbindlichkeiten von 51 Milliarden Euro gegenüber, heißt es in der Studie. Irrek und Vorfeld empfehlen deshalb, den Konzernen die Rückstellungen abzunehmen und sie in einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu übertragen. Eine seit Langem erhobene Forderung der Grünen.

Nach eigenen Angaben haben die AKW-Betreiber ausreichende Rückstellungen für die Verschrottung ihrer Meiler zurückgelegt. Eon, RWE & Co wiesen am Mittwoch einmal mehr Zweifel zurück, dass sie sich den AKW-Abriss und die Atrommüllbeseitigung wegen ihrer schwindenden Gewinne nicht mehr leisten könnten. „Die Angemessenheit unserer Rückstellungen für Verpflichtungen aus der Kernenergie wird regelmäßig von unabhängigen Wirtschaftsprüfern bestätigt“, sagte ein Sprecher von Eon. Die Bundesregierung will bei den langfristigen Kosten des Atomausstiegs die Energiekonzerne weiter in die Pflicht nehmen.

„Das geltende Recht ist ziemlich klar“, sagte der Sprecher des Wirtschaftsministeriums. „Die Konzerne haften für sämtliche Kosten, die durch den Rückbau und die Endlagerung der Atomkraftwerke, mit den sie ja über viele Jahre viel Geld verdient haben, entstehen.“

Die Verantwortung der Kernkraftwerksbetreiber sei im Atomgesetz festgehalten, sagte er mit Blick auf Befürchtungen, dass die Konzerne ihren Milliardenverpflichtungen nicht nachkommen und am Ende die Steuerzahler einspringen müssen. Die Bundesregierung bereite einen Stresstest sowie ein Gesetz vor, dass die Frage der Haftung bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen klarer fasse. IA