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: Die Aussteiger-Industrie

„Der Rebell“, 23.35 Uhr, Arte

Anfang der 80er-Jahre erlebt Deutschland die größte Terrorwelle der Nachkriegszeit. Doch nicht die RAF steckt hinter der Gewalt, sondern Rechtsextremisten. Allein 1980 und 1981 sterben durch Neonazis mehr Menschen als in allen Jahren des Linksterrorismus zusammen. Wie schafft es Deutschlands gefährlichster Neonazi innerhalb weniger Jahre zum Informanten der Stasi, Offizier der Palästinensischen Befreiungsfront, Bombenleger in US-amerikanischen Stützpunkten und Liebhaber einer farbigen Französin?

Vom Neonazi übern Terroristen zum Aussteiger – im Dokumentarfilm „Der Rebell“ beschreiben die beiden Autoren Jan Peter und Yury Winterberg die Stationen des ehemaligen Neonazi Odfried Hepp und sehen in seiner Geschichte die „unheimlichste Biografie der Bundesrepublik“. Die Doku führt den Zuschauer in seinen Geburtsort im Schwarzwald, in den Libanon und nach Frankfurt und Berlin. Hepp selbst kommt zu Wort und darf erzählen, wie er im Fatah-Camp den Umgang mit Sprengstoff lernt. Er beschreibt, wie es Anfang der 80er-Jahre zu Kontakten mit der Stasi kam und er zur gleichen Zeit mit der von ihm gegründeten nationalrevolutionäre Untergrundgruppe mit Bombenanschlägen von sich reden machte. 1985 wurde er gefasst.

„Der Rebell“ reiht sich nahtlos ein in eine Fülle von Dokumentationen und Büchern über ehemalige Neonazis. Die „Aussteiger-Industrie“ boomt, erhofft man sich doch neue Erkenntnisse über die rechte Szene. Doch was Hepp zum „Chefdenker des Neonazismus“ gebracht hat, wie er sich ideologisch sein Handeln herleitete und vor allem wie es in seinem Inneren zur Abkehr vom Neonazismus kam, bleibt auch in diesem Film ungeklärt.

„Das größte Geheimnis ist der Mensch sich selbst“ zitieren die Fernsehautoren den Philosophen Novalis. Zumindest bei Hepp gelingt es ihnen nicht, dieses Geheimnis zu lüften. FELIX LEE