Erdgas: Messen ist besser als dissen

Schadstoffe In Niedersachsen nimmt das Land Bodenproben an 200 Bohrplätzen. Verdacht auf Krebs

BOTHEL dpa | Ralf Struckmann sticht den Spaten mehrmals fest in den Boden und hebt ein Loch aus. „Einen Zollstock, bitte“, sagt er zu seinem Kollegen. Er misst und schaufelt dann noch etwas Erde aus dem Loch, bis die Tiefe stimmt. Mit einem Löffel füllt der Geograf die dunkle Erde in ein Glas mit Schraubverschluss. Sieben Bodenproben werden Struckmann und sein Kollege an diesem Tag rund um die ­Erdgasförderstelle Z2 in Bothel ziehen. Im Labor wird sich ­später zeigen, was tatsächlich in der Erde steckt: Nur Sand und Humus? Oder auch Quecksilber, Dioxine oder andere Schadstoffe?

200 Erdgasförderplätze lässt Niedersachsen bis Ende 2016 von unabhängigen Experten untersuchen. Im Herbst sollen die ersten Ergebnisse vorliegen – und damit vielleicht endlich Gewissheit für die Menschen in Bothel. In der kleinen Gemeinde gibt es überdurchschnittlich viele Krebsfälle bei Männern. Auch im benachbarten Rotenburg hatte eine Auswertung des Krebsregisters eine solche Häufung ergeben. Die Ursache ist unbekannt. Doch die Bürger hegen schon länger den Verdacht, dass die Erdgasförderung in der Region dafür verantwortlich sein könnte.

„Die Sorgen der Bürger werden sehr ernst genommen“, sagt der Präsident des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Andreas Sikorski. Rund 600.000 Euro kostet die Messkampagne, die seine Behörde zusammen mit dem Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium ausgearbeitet hat. In der Regel wird das Hannoveraner Ingenieurbüro zehn Proben an jeder Förderstelle ziehen, entlang des Zauns und in angrenzenden Feldern und Wäldern.

Bürgerinitiativen halten das für einen längst überfälligen Schritt. Im vergangenen Frühjahr hatte das Bergbauamt an vier Förderstätten erhöhte Quecksilberwerte gemessen. Die Behörde will diese jetzt genauer untersuchen, um zu klären, ob der Boden ausgetauscht werden muss. Andreas Ratjens schaut deshalb am Montag genau hin, als Struckmann und dessen Kollegen mit den Bodenproben in Bothel beginnen. „Wir haben kein Vertrauen mehr“, sagt der Bauer, der sich beim Netzwerk für sauberes Trinkwasser engagiert.