FBI ermittelt nach Angriff auf US-Marines

TENNESSEE Ein Mann tötet aus heiterem Himmel vier Soldaten und stirbt bei der Schießerei selbst

NEW YORK taz | Die neueste schwere Schießerei in den USA fand am Donnerstag nicht in einer Schule oder einer Kirche, sondern vor zwei Militäranlagen in Chattanooga in Tennessee statt. Ein schwer bewaffneter junger Mann eröffnete das Feuer aus einem offenen Cabrio. Weniger als eine halbe Stunde später waren fünf Menschen – vier Soldaten sowie der Schütze – tot. Drei weitere wurden verletzt.

Die Justiz in Tennessee sprach umgehend von dem Verdacht des „heimischen Terrorismus“. Die großen Fernsehsender unterbrachen ihr Programm, und ihre „Experten“ erörterten einen eventuellen Zusammenhang mit Drohungen der Terrorgruppe IS an Soldaten der USA.

Mohammad Youssef Abdulazeez war gegen 10.45 Uhr auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums vorgefahren und hatte von dort aus das Rekrutierungszentrum der Armee beschossen. Anschließend fuhr der Schütze rund sieben Meilen weiter zu einem Trainingszentrum der Navy. Die Polizei verfolgte ihn und eröffnete ihrerseits das Feuer. Nach Ansicht von Augenzeugen sollen „Hunderte“ von Schüssen gefallen sein. Am Ende waren vier Mitglieder der Elite-Navy-Truppe Marines sowie der Schütze tot. Wessen Kugeln wen getötet haben, war zunächst unklar.

Der 24-jährige Schütze war als Kleinkind in die USA gekommen, als seine Eltern aus Kuwait flüchteten. Er wuchs in einem gediegenen Mittelschichtstadtteil von Chattanooga auf, betrieb Ringkampf und absolvierte ein Studium als Elektroinge­nieur. Soweit bekannt, hatte er die US-amerikanische Staatsangehörigkeit.

Dem ermittelnden FBI war Abdulazeez bis zum Donnerstag nicht bekannt. Doch hatte die örtliche Polizei ihn im April wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen. Auf dem Polizeifoto trägt er einen Vollbart, über dessen Bedeutung in den USA nun gerätselt wird. Bis kurz vor seiner Festnahme, bei der er alkoholisiert war, soll Abdulazeez sein Gesicht glatt rasiert haben. Am Ende seiner Schulzeit schrieb der offenbar beliebte und kontaktfreudige Junge in das Jahrgangsbuch: „Mein Vorname versetzt die nationale Sicherheit in Alarmzustand. Wie steht es mit deinem Namen?“

Zuletzt scheint er sich in einem Blog mit Religion befasst zu haben. Die Ermittler fanden zwei Einträge, die er vier Tage vor der Schießerei veröffentlicht hat. Darin schrieb er unter anderem: „Das Leben ist kurz und bitter.“ Und Muslime sollten sich „Allah unterwerfen“.

Im Weißen Haus nahm Barack Obama wenige Stunden nach der Tat ein Video auf, in dem er – nur vier Wochen nach dem Massaker von Charleston – erneut Angehörigen sein Beileid aussprach. Er sagte auch, dass es sich nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen um einen Einzeltäter handele.

Dorothea Hahn