Rabiater Kampf um Sparer und um Kunden

Krisengipfel in Berlin: Die Sparkassen und Landesbanken gehören dem Staat, jagen sich aber gegenseitig die Kunden ab. Die größte Finanzgruppe der Welt könnte nun am internen Konkurrenzkampf scheitern – und sich auflösen

HAMBURG taz ■ Was wird aus den deutschen Sparkassen? Heute werden sich rund 600 Abgesandte in Berlin zu einem Krisengipfel treffen – und Streit ist abzusehen. Dabei ist von Krise zunächst gar nicht viel zu erkennen: Fast 50 Millionen Kunden zählen die Sparkassen und Landesbanken und die Gewinne steigen. Gleichzeitig sinken die Kosten drastisch: So strichen Ostkassen rund 3.000 Stellen und die Norddeutsche Landesbank hat angekündigt, dass sie etwa 1.200 Stellen abbauen will.

Trotzdem ist die Bankengruppe zerrissen. Im Juli fiel ein einzigartiges Privileg der Sparkassen und Landesbanken – die Staatshaftung. Nun schützt der Staat sie nicht mehr vor der Pleite. Seither wollen viele Institute noch stärker expandieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein rabiater Kampf um Kunden hat eingesetzt. Vor allem die Landesbanken versuchen zu fusionieren und sich auf Kosten der Sparkassen zu vergrößern. Von den ehedem 16 Landesbanken (LB) – für jedes Bundesland eine – sind nur noch acht Konzerne übrig geblieben. Bald dürften es sogar nur noch vier oder fünf sein. So vereinbarte die WestLB in Düsseldorf erst im Oktober eine „enge Kooperation“ mit der SachsenLB.

Derweil betreiben die Landesbanken in Bayern und Hessen-Thüringen eigene Direktbanken, mit denen sie bundesweit den Sparkassen ihre Kunden abjagen. Die Landesbank Baden-Württemberg wiederum wirbt mit einer eigenen Privatbank um Düsseldorfs Reiche. Denn nachdem die Staatshaftung entfallen ist, versuchen nun auch die Landesbanken, sich über das billige Geld von Sparern zu finanzieren. So wird das Regionalprinzip erodiert, das eigentlich vorsieht, dass sich die öffentlich-rechtlichen Institute nur um die Bewohner der Kommune oder des Landes kümmern sollen, in dem sie zu Hause sind.

In Berlin geht es nun um eine Kernfrage: Wollen die Sparkassen auch künftig noch als gemeinsame Gruppe operieren – zusammengehalten durch den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV)? Oder zerfällt die größte Finanzgruppe der Welt in regionale Blöcke, die untereinander konkurrieren? Bereits vor dem Strategiegipfel sollen sich die Kontrahenten intern auf eine „Berliner Erklärung“ geeinigt haben, die der taz vorliegt. Allerdings bleibt abzuwarten, ob sie tatsächlich von allen Teilnehmern unterzeichnet wird. Denn bisher finden sich in der Erklärung vor allem die Interessen der Sparkassen wieder – nicht jedoch der Landesbanken. So wird das Regionalprinzip vehement verteidigt: „Alle Unternehmen der Gruppe haben ein eigenes betriebswirtschaftliches Interesse an einer verlässlichen Arbeitsteilung.“ Privatkunden sollen nur von den Sparkassen, nicht aber von den Landesbanken betreut werden. Zum Thema Fusionen heißt es kategorisch: „mit dem Leitbild dezentraler Sparkassen nicht vereinbar“.

Doch nicht nur die interne Konkurrenz macht den öffentlich-rechtlichen Instituten zu schaffen. Druck kommt auch von außen: Längst erwägen einige Gemeinden, ob sie ihre Sparkassen nicht gewinnbringend an Privatbanken verkaufen könnten. In Hannover und Stralsund, Frankfurt und Düsseldorf wurde oder wird mit dieser Idee geliebäugelt. Auch CDU und FDP äußern sich aufgeschlossen.

Solche Spekulationen versucht der DSGV schnell zu unterbinden: „Nein, es wird keine Privatisierungen geben!“ Dabei hofft man auf die Einsicht der Gemeinden: „Die kommunalen Vertreter wissen, was sie an ihrer Sparkasse haben.“ Denn die Institute sind per Satzung dem Gemeinwohl verpflichtet, was sich nicht nur in Spenden an den kleinen Fußballverein im Stadtwald ausdrückt. Es sind vor allem die Sparkassen, die relativ generöse Kredite auch an den örtlichen Mittelstand vergeben.

HERMANNUS PFEIFFER