Engagement trotz Müdigkeit

ORTSTERMIN Selbst Unternehmen fördern jetzt die Quote – und die Kanzlerin hilft in Berlin mit

Plötzlich Quotenfan: Angela Merkel Foto: Axel Schmidt/reuters

Es tut sich was bei der Frauenquote. Das sieht man am Montagnachmittag in der edlen Bosch-Repräsentanz in Berlin. Dort treffen sich Big Shots, von Siemens- über Allianzvorständen bis zu Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und – Angela Merkel. Trotz Griechenland, obwohl ihr die Augen zuzufallen drohen, sitzt sie hier. Die Chefs und Chefinnen bilden ein Bündnis: „Chefsache – Wandel gestalten für Frauen und Männer“ heißt das, die Beteiligten wollen die Quote voranbringen. Plötzlich. Früher war man eher mit Abwehr beschäftigt.

Das Wort Quote fällt kaum, stattdessen beschreiben die MangerInnen, wie sie Frauen für Führungsjobs gewinnen. Das typische „Wir finden keine“ etwa hat als Argument ausgedient, so von der Leyen. Es werden Tipps ausgetauscht, wie man die Personaler schulen kann, damit sie bei dem Wort Kinderpause nicht gleich rotsehen. Dass man überlegt, ob der Führungsjob geteilt werden kann.

Mit anderen Worten: Diese Unternehmen gehen aktiv daran, Vorurteile abzubauen, die Frauen von den Topjobs fernhalten. Sie nennen es nicht Quote oder Chancengleichheit, sie sprechen von „Balance“ und „Wandel für Frauen und Männer“. Sie geben sich betroffen. „Warum gelingen uns in China oder Spanien Dinge, die in Deutschland nicht gelingen?“, fragt die Siemens-Vorständlerin Janina Kugel.

Und Angela Merkel? War noch nie eine Freundin der Quote, hält sie aber doch für notwendig: „Die Befunde sind einfach so dramatisch schlecht.“ Die Manager sollten sich mal überlegen, dass Mütter, die jahrelang Kinder erzogen haben „mindestens so flexibel sind wie die Männer, die Sie in Abenteuercamps schicken.“ Und schließlich lobt sie die Vätermonate: „Dann sehen die Firmen: Wenn mal ein Mann ein paar Monate fehlt, geht die Welt auch nicht unter.“

Mag sein, dass die Griechenlandkrise Merkel generell ungeduldig gemacht hat. Man wird das Gefühl nicht los, dass sie die Zögerlichkeit bei der Geschlechterpolitik lästig findet. Und so schreibt sie der „Initiative Chefsache“, deren Schirmherrin sie nun ist, den Satz „The proof of the pudding is the eating“ ins Stammbuch, mit anderen Worten: „Jetzt tut halt endlich was“, und rauscht zum nächsten Eurogruppentreffen davon.

Heide Oestreich