Suche nach Opfern der Paramilitärs

Kolumbien Auf einer Müllhalde in Medellín wird ein Massengrab mit bis zu 300 Leichen vermutet

MEDELLÍN afp | Auf einer Müllhalde im kolumbianischen Medellín hat am Montag die Suche nach Dutzenden möglicherweise dort verscharrten Leichen begonnen. Die Ausgrabungen seien ein „historischer Prozess“ für die Hinterbliebenen und auch von nationaler Bedeutung, sagte Innenminister Juan Fernando Cristo. Nach einer religiösen Zeremonie im Beisein der Familien der Vermissten wurde mit den Arbeiten begonnen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass unter dem Müllberg 90 Opfer des bewaffneten Konflikts in Kolumbien begraben wurden. Menschenrechtsorganisationen rechnen sogar mit bis zu 300 Leichen.

Die Ermittler wollen in den kommenden fünf Monaten 24.000 Kubikmeter Müll wegräumen und sich acht Meter tief in die Halde vorarbeiten, um die Leichen zu bergen. Womöglich handele es sich um eines der weltweit größten Massengräber von Vermissten, sagte Generalstaatsanwalt Eduardo Montealegre. Während der Kämpfe zwischen linken Guerilleros, rechten Paramilitärs, Drogenkartellen und staatlichen Kräften seien in den vergangenen Jahrzehnten landesweit bis zu 50.000 Menschen verschwunden, erklärte Montealegre.

Aktivisten begrüßten, dass dem Schicksal der bei Kämpfen in dem Viertel Comuna 13 getöteten Menschen nachgegangen wird. Die Gegend war einst eine Hochburg linker Guerilla-Gruppen wie der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) und des Ejército de la Liberación Nacional (ELN). Ende der 90er sagten ihnen rechte paramilitärische Einheiten den Kampf an. Später ordnete der damalige Präsident Álvaro Uri-­ be dann eine Militäroffensive gegen die linken Rebellen an und die Paramilitärs übten die Kontrolle aus. Die Ermittlungen zu den Massengräbern kamen durch Geständnisse früherer Paramilitärs ins Rollen.

Medellín war einst Sitz des gleichnamigen Kartells des berüchtigten Drogenbarons Pablo Escobar. Derzeit leben in der Comuna 13, wo nach wie vor Drogenbanden aktiv sind, 250.000 Menschen. Bei Kämpfen in Kolumbien wurden in den vergangenen Jahrzehnten etwa 220.000 Menschen getötet und mehr als sechs Millionen weitere vertrieben.