Olympia-Bewerbung: Glaubenskrieg um Goldmedaille
Boston bewirbt sich doch nicht um Olympia 2014. Damit steigen Hamburgs Chancen, glauben die Befürworter. Die Gegner sagen das Gegenteil voraus.
„Nun ist wohl der härteste Konkurrent Hamburgs aus dem Rennen“, sagte Sport-Staatsrat Christoph Holstein. „Boston zeigt: Je mehr Informationen an die Öffentlichkeit kommen, desto mehr sinkt die Zustimmung in der Bevölkerung“, sagt Florian Kasiske von NOlympia Hamburg.
Die Stadt an der US-Ostküste scheiterte aus finanziellen Gründen und an der mangelnden Unterstützung der Einwohner, die zu mehr als zwei Dritteln das Olympia-Projekt ablehnten. Bürgermeister Marty Walsh wollte die Kandidatur nur unterstützen, wenn sie komplett privat finanziert und kein Steuergeld dafür ausgegeben worden wäre. Am Montagabend verkündete er dann das Aus für die Bewerbung.
Er werde kein Dokument unterzeichnen, „das einen Dollar Steuergeld für Olympia aufs Spiel setzt“. Das Stadtoberhaupt spielte damit auf einen entsprechenden Vertrag an, der dem IOC finanzielle Garantien der Stadt zugesichert hätte.
Die Menschen in Boston und der Bürgermeister hätten erkannt, dass die Stadt in ein „enormes finanzielles Desaster“ geschlittert wäre, sagt Mehmet Yildiz, sportpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft.
„Die Gewinne streicht das IOC ein, die Kosten tragen die Steuerzahler – so ist es bei allen Spielen bisher gewesen, so wäre es in Boston gewesen, so wird es in Hamburg sein“, glaubt Yildiz. Und Die Linke in Schleswig-Holstein, wo in der Landeshauptstadt Kiel die Segelwettbewerbe stattfinden sollen, fordert: „Lasst uns von Boston lernen und diese Geldverschwendung stoppen“, so Landessprecher Jens Schulz.
„Das ist ein Sieg der Vernunft“, kommentiert Michael Rothschuh von NOlympia Hamburg die Entscheidung von Boston, „und ein Vorbild für Hamburg.“ Der Senat der Hansestadt verschweige die gesellschaftlichen Kosten für Olympische Spiele und verweigere Transparenz. „Es gibt darüber keine demokratische Debatte in der Stadt“, sagt Rothschuh, „diese Bewerbung ist Teil eines autokratischen Systems.“
Das sieht Sport-Staatsrat Holstein vollkommen anders. Hamburg werde mit Steuergeldern nur bezahlen, „was wir ohnehin machen wollen, aber ohne Olympia sicherlich später“. Dazu zählt er den Bau von Wohnungen, den Ausbau des Nahverkehrs und die Sanierung der Sportstätten. „Und wir würden bei einem Teil der Investitionen erhebliche Hilfen des Bundes bekommen“, so Holstein.
Boston zeige die Notwendigkeit, „die Kräfte in der Ausrichterstadt und im ganzen Land zu bündeln“, befindet Niklas Hill, Geschäftsführer der Hamburger Olympia-Bewerbungsgesellschaft: „Wir werden weiter voll an unserem Konzept arbeiten, das aus Bürgern aktive Beteiligte macht.“
Der Rückzug Bostons ruft indessen zwei Millionenstädte auf den Plan, die ungleich stärkere Konkurrenten für Hamburg sein dürften. Los Angeles, Olympia-Stadt von 1932 und 1984, erwägt jetzt seine Kandidatur – zur Freude von Sportlern. Hamburg habe „beste Chancen“, sagt Markus Weise, Bundestrainer der Hockey-Herren. „Aber L.A. ist auf jeden Fall attraktiver als Boston“, findet der Erfolgscoach, der 2004 bis 2012 drei Teams zum Olympiasieg führte.
Zudem will Kanadas größte Stadt Toronto, die soeben mit den Panamerikanischen Spielen eines der größten Sportereignisse der Welt erfolgreich durchgeführt hat, sich bis zum Bewerbungsschluss am 15. September ebenfalls bewerben. Und mit Paris steht bereits offiziell Hamburg ein Konkurrent gegenüber, der erst mal bezwungen sein will.
Und dann gibt es, bei aller scheinbaren Olympia-Begeisterung in Hamburg, noch eine Hürde: Beim Referendum am 29. November muss schon eine satte Mehrheit von über 60 Prozent der Bürger zustimmen, wenn die Hansestadt im internationalen Wettbewerb eine Chance haben will.
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