Ohne bizAbs wäre die internationale Ökoszene überhaupt nicht zu ertragen
: Wenn der POGO AMOC läuft

wir retten die weltvon bernhard Pötter

Es gab nicht viel zu lachen, als vor vier Jahren in Fuku­shima die Reaktoren in die Luft flogen. In Japan herrschte die Katastrophe, und die taz-Redaktion arbeitete noch näher am Limit als sonst. Da tat es gut, ab und zu vom CNIC zu hören, den japanischen Atomgegnern, die in ihrem Namen den Bruch der deutschen Energiewende vorausahnten. Aber richtig grinsen musste ich jedes Mal, wenn ich auf der Internetseite des französischen Instituts zur Atomforschung dessen Namen las: IRSN.

Die Welt der Ökos steckt voller Irrsinn und bizarrer Abkürzungen (bizAb), die gewollt oder ungeplant tiefe Einblicke ermöglichen. Je nach Betonung kommt die neueste Ideen zur Gülleverordnung vom Bund oder vom BUND, was schon mal einen Unterschied machen kann. Die EU (in Frankreich: UE) will mit REACH andeuten, sie erreiche was, dabei kommt die „Regis­trierung und Bewertung etc“ von Chemikalien nicht recht voran. Der Bund (!) macht einen KLIMZUG nach dem anderen, um Klimawandel zukunftsfähig zu gestalten.

Kapiert? Da haben Werbestrategen monatelang gekniffelt, um schon im Namen klarzumachen, dass alles läuft: Die internationalen Klimaschützer sind bei CAN organisiert („Yes, we …“), der neue Taxidienst findet, er stehe UBER dem Gesetz, die Amis haben eigentlich gar nichts gegen das Kioto-Protokoll, sondern nur Angst vor der KP. Und in der Redaktion rätseln wir immer noch, ob „Pig Oil“ in unserer Schlagzeile zum Höhepunkt der Ölförderung nun ein geniales Wortspiel oder legasthenisches Englisch war.

Auch hier wäre ohne die Atom­industrie unser Leben ärmer: Der beliebte CASTOR ist eben nicht nur die handliche englische Abkürzung für „Transportbehälter für Atommüll“, sondern erinnert auch an den griechischen Halbgott, der mit seinem Halbbruder POLLUX (heute ein Endlagerbehälter für Atommüll) schließlich sterblich wurde – ein Hinweis auf alle nuklearen Sicherheitskonzepte.

Unbestrittene Weltmeister der bizAbs sind die USA (ha!), wo die Kürzel der Umweltbehörde EPA (ha!) ganze Internetseiten füllen.

Der unschuldige POP wird zu hartnäckigem organischen Gift, CLEVER ist die Arbeit in Seuchenlaboren, der ungezähmte POGO degeneriert zur verhassten Public-Private-Partnership, die in bestem Stotterdeutsch PPP heißt. Man sieht praktisch, wenn die nationale Abkürzbehörde der USA (USNAA) sich vor Lachen krümmt, wenn sie GRAS als „allgemein sicher“ definieren und mit LUST und RUST Tanks voller toxischer Suppe im Boden bezeichnen. Und dann steht CHIP auch noch für Chemiegifte. Wenn wegen des Klimawandels die Norweger wieder einfrieren, weil der Golfstrom schwächer wird, hat uns immerhin dessen Kurzname schon gewarnt: AMOC.

Völlig unbeeindruckt vom Trend zu lesbaren und verständlichen Akronymen zeigt sich nur die gute alte UNO (für Franzosen: ONU; für Deutsche: VN). Die Buchstabengewitter von UNFCCC, IPCC oder IPBES richten jedes Jahr schwere Verwüstungen an.

Aber was erwarten wir von einer Organisation, wo Groß- und Kleinschreibung und ein popeliger Bindestrich über die Rettung der Welt entscheiden. Ganz schnell wird schließlich aus dem UN-Sicherheitsrat der Unsicherheitsrat.