gute geschäfte
: Pfeffersacks glorreichste Zeit

Wer deutsche Kolonialpolitik sagt, denkt meist ans Militär. An Boxeraufstand, Herero-Krieg, an Kaiser Wilhelm II. und Fürst Bismarck. Da ist was dran. Zumindest, seit die Gebiete in Afrika und Asien zur politischen Chefsache wurden. Bis dahin aber war der Imperialismus eher wirtschaftlicher Natur und ganz vorn bei der ökonomischen Eroberung waren Kaufleute aus dem Norden. Welche, das zeigt die Dokumentarreihe „Deutsche Kolonien“ in einer Informationsdichte, die es im Fernsehen bislang noch nicht gegeben hat.

Allen voran der Hamburger Reeder Adolph Woermann, dessen Vater Carl bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts gute Geschäfte in Afrika machte. Nach deren Verschlechterung drängte er die Regierung der jungen Nation zur Kolonialpolitik – Ursprung der späteren Schutzgebiete. Schon vor Woermann, dessen Erben noch heute unter seinem Namen Handel mit einstigen Kolonien betreiben, hatten Afrikaforscher wie Heinrich Barth oder Gerhard Rohlfs von Bremen aus den Kontinent erschlossen und somit das Terrain bereitet für Kolonisten aus der norddeutschen Nachbarschaft. Adolf Lüderitz etwa, weiterhin Namenspatron einer Stadt in Namibia. Oder Carl Peters aus Neustadt an der Elbe, der in Ostafrika einen erbarmungslosen, rassistischen Eroberungsfeldzug organisierte und dafür bei den Nazis, dargestellt von Hans Albers, mit einem propagandistischen Biopic belohnt wurde.

Dazu Paul von Lettow-Vorbeck, begraben bei Hamburg, der zuerst im Boxer-Aufstand und später beim Krieg gegen die Herero an vorderster Front mitmischte. So wie Woermann, dessen Schiffslinie die deutschen Truppen des Genozids fast im Alleingang nach Süd-West-Afrika brachte. All dies zeigt „Deutsche Kolonien“ mit eindrucksvollen Bildern, sachlich unaufgeregt und handwerklich sauber. Mit einer Seriösität also, die es den Zuschauern erleichtert, Horst Gründers milde Sicht auf diesen Teil deutscher Geschichte zu teilen.

Der Historiker, Emeritus der Uni Münster und Koryphäe hiesiger Kolonialforschung, hat das Film-Projekt von Gisela Graichen wissenschaftlich begleitet und bittet, auch die guten Seiten der Kolonialpolitik zu berücksichtigen. Modernisierung, Identitätsfindung und Fortschritt in den besetzten Gebiete etwa. Den hat es natürlich auch für die Kolonialherren gegeben: Auf Kosten Afrikas war die Woermann-Linie lange Zeit die größte Reederei der Welt. Jan Freitag

Deutsche Kolonien, 3 Teile, ab heute jeweils dienstags, 20.15 Uhr, ZDF