Oje von Beust – der präsidiale Abtaucher

Nach vier Jahren Ole von Beust: GAL-Generalabrechnung mit dem Bürgermeister und seiner Regierung. Die Politik des Senats sei „im Kern undemokratisch“ und produziere „Politikverdrossenheit“ sowie „sozialen Zündstoff in den Stadtteilen“

„Die Produktion von Losern bringt sozialen Zündstoff in die Stadtteile“

von Marco Carini

Vier Jahre – seit dem 31. Oktober 2001 – wird Hamburg von Ole von Beust und unter Führung der CDU regiert. Zeit für die GAL zu einer Generalabrechnung mit dem Bürgermeister, seinem Regierungsteam und seiner Politik.

Dem Bürgermeister werfen die Grünen vor, um unangenehme Themen einen großen Bogen zu machen. Wann immer es in der Stadt oder im Senat brennt: Ole von Beust halte sich raus. „Der Bürgermeister tut bei jeder Krise so, als ob ihn das alles gar nichts angeht“, charakterisiert der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Christian Maaß den bürgermeisterlichen Führungsstil. Stattdessen verkörpere er einen „präsidialen Führungsstil“, der in Hamburg noch gut ankomme. Die Hoffnung der GAL: Durch die Führungsschwäche des Bürgermeisters werde die Erosion im Senat immer sichtbarer.

Der Politikstil der Regierung ist für die GAL „von Ignoranz geprägt“ und „im Kern undemokratisch“. Deutlich werde das am Umgang mit den Volksentscheiden gegen den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser und für ein neues Wahlrecht. „Wir wissen das besser und machen das weg“ – so würde die CDU den erklärten Bürgerwillen missachten und „Politikverdrossenheit fördern“, beklagt Maaß.

Besonders in der Umweltpolitik werde das Desinteresse der Regierung deutlich. „Ob die Belastung durch Feinstaub oder zunehmenden Lärm – da der Senat sich zu diesen Themen einfach verweigert, bekommen wir nicht einmal eine Debatte hin sondern stürzen ins Leere“, so der GAL-Umweltexperte.

Die Politik der beiden von Ole von Beust geführten Regierungen zeichnet sich für den Fraktionsvize Willfried Maier vor allem dadurch aus, „dass die Balance zwischen den Politikfeldern“ nicht stimme. Durch die einseitige Konzentration auf Wirtschaftsförderung, Hafencity und wachsende Stadt sei, so GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch, „die soziale Stadtteilentwicklung aus dem Blick“ geraten.

Die Folgen: Die Jugendarbeitslosigkeit, vor allem bei MigrantInnen explodiere, die soziale Schere klaffe in der Stadt immer weiter auseinander, die Förderung benachteiligter Kinder in Kindergärten, Vorschulen und Schulen sei schlechter denn je. Gleichzeitig würden wichtige Integrationsstützen wie die Jugendberufshilfe oder die Sozialen Dienste demontiert, „ohne dass etwas anderes aufgebaut“ werde.

„Die permanente Produktion von Losern, die sozialen Zündstoff in den Stadtteilen mit sich bringt“, ist für Christa Goetsch das prägende Merkmal der Sozial- und Bildungspolitik der Regierung. Die erneut „verheerenden Pisa-Ergebnisse“ wie auch „die schlimmen Vorfälle der vergangenen Tage“ – Stichworte Kindesvernachlässigung und Schulhof-Gewalt – seien sichtbare Konsequenzen dieser Politik.

Besonders im Fokus der GAL: Das SenatorInnen-Trio Birgit Schnieber-Jastram (Soziales), Alexandra Dinges-Dierig (Schule) und Roger Kusch (Justiz). So sei die Sozialsenatorin im Sonderausschuss zum Tod der kleinen Jessica, „emotional völlig unbeteiligt und nicht in der Lage, auch nur eine einzige Antwort zu geben“, beklagt Goetsch. Auch beim Thema Geschlossenes Heim in der Feuerbergstraße ist für die GAL-Fraktionschefin ersichtlich: „Frau Schnieber-Jastram greift nicht ein, reagiert und handelt nicht.“

Alexandra Dinges-Dierig beseitige „den von ihren FDP-Vorgängern aufgetürmten Scherbenhaufen“ nicht, sondern veranstalte „einen Dauerpolterabend“, befindet die GAL-Bildungsexpertin. Vorschulgebühren, massive Kürzungen bei Ganztagsschulen und wegbrechende Sprachförderung für VorschülerInnen verschärften vorhandene Probleme besonders bei der Integration von MigrantInnen-Kindern weiter. Und Justizsenator Roger Kusch stehe mit seiner Politik des „politischen Filzes“ und des „Wegsperrens ohne Wiedereingliederungskonzepte“ dafür, dass die CDU bei ihrem Prädikatswahlthema, der Inneren Sicherheit, „hoffnungslos gescheitert“ sei.

Bei so viel „Unfähigkeit auf Senatsebene“ sieht Willfried Maier dann auch gute Chancen für einen Regierungswechsel 2008: „Die CDU-Regierung hatte Zuversicht auf positive Entwicklungen ausgelöst und ist jetzt in der sozialen Wirklichkeit angekommen.“