Langsame Normalisierung nach Poststreik

Tarifkonflikt Die Gewerkschaft Verdi kann die Auslagerung von Paketzustellern nicht verhindern

BERLIN taz | In der Nacht auf Dienstag hat Verdi den Streik bei der Deutschen Post offiziell beendet. Vorausgegangen war am Wochenende eine Einigung der Gewerkschaft mit dem Postvorstand. In einem über 40-stündigen Verhandlungsmarathon hatten sich beide Parteien in Bad Neuenahr auf ein Tarifpaket verständigt.

Danach erhalten die 140.000 Tarifbeschäftigten bei der Post in diesem Jahr eine Einmalzahlung von 400 Euro. 2016 folgt eine Lohnerhöhung um 2 Prozent, ein Jahr später um 1,7 Prozent. Zudem wird der eigentlich am Ende dieses Jahres auslaufende Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen und Änderungskündigungen um vier Jahre bis Ende 2019 verlängert. Die Wochenarbeitszeit, die die Dienstleistungsgewerkschaft gerne auf 36 Stunden verkürzt gesehen hätte, bleibt bei 38,5 Stunden.

„Wir sind mit dem Abschluss sehr zufrieden“, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Ko­csis. Er trage „der Erwartung der Beschäftigten nach Sicherheit in hohem Maße Rechnung“. Von einem „guten Kompromiss“ sprach Postpersonalvorstand Melanie Kreis. „Wir konnten ein Gesamtpaket vereinbaren, das unseren Mitarbeitern Sicherheit und Perspektive bietet sowie gleichzeitig künftiges Wachstum ermöglicht“, sagte sie.

Keine Änderung gibt es bei den umstrittenen DHL-Delivery-Gesellschaften. Anders als von Verdi gefordert, bleiben die Anfang des Jahres gegründeten Tochtergesellschaften außerhalb des Post-Haustarifvertrags. Die dort angestellten Paketzusteller –derzeit etwa 6.500, bis 2020 soll ihre Zahl auf 20.000 steigen –erhalten damit weiterhin deutlich niedrigere Löhne als ihre Kollegen im Mutterkonzern. „Aber es ist uns gelungen, die verbleibenden Paketzusteller in der Deutschen Post AG dauerhaft abzusichern“, so Kocsis. Außerdem verpflichtete sich die Postspitze, das Modell bis Ende 2018 nicht auf den wesentlich größeren Briefbereich zu übertragen.

Der Tarifkonflikt war außergewöhnlich hart. „Wir sind im Krieg“, soll ein Postvorstand gesagt haben. Bis zu 32.000 Postmitarbeiter beteiligten sich an dem Streik. Der ehemalige Staatsbetrieb, der in diesem Jahr einen Vorsteuergewinn von 3,2 Milliarden Euro anpeilt, setzte neben Beamten massenhaft Streikbrecher ein, um den rund vierwöchigen Ausstand zu unterlaufen. Trotzdem blieben Millionen von Paketen und Briefen liegen. Es wird wohl noch einige Tage dauern, bis sie alle zugestellt werden können.

Da Verdi ohne Urabstimmung in den Streik gegangen ist, braucht die Gewerkschaft das Ergebnis auch nicht von ihren Mitgliedern bei der Post bestätigen lassen. Pascal Beucker

Meinung + Diskussion