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POLIZEI Das Innenministerium macht bei einer Studie zur Gewalt gegen Beamte nicht mehr mit. Die Fragen machten aus Opfern Täter, lautet der Vorwurf. Dabei sind die beanstandeten Punkte längst gestrichen

Das Bundesinnenministerium wird nicht an der Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen (KFN) zur Gewalt gegen Polizisten teilnehmen. Das Ministerium habe das Institut bislang nicht selbst benachrichtigt, sagte dessen Direktor, Christian Pfeiffer. Den Ausstieg aus der Untersuchung, die als gemeinsames Projekt von Ländern und Bund angelegt war, hatten am Donnerstag die beiden Polizeigewerkschaften GdP und DPolG mitgeteilt.

Eine Sprecherin der Bundespolizei sagte am Freitag zur Begründung, das Institut habe nicht zugesichert, dass man Einfluss auf die Veröffentlichung der Daten haben werde. Außerdem nehme die Art der Fragen mögliche Ergebnisse vorweg.

Sachsen und Hamburg hatten bereits vor einer Woche ihre Beteiligung aufgekündigt. Sie schlossen sich der Kritik der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) am Fragenkatalog der Studie an. Die hatte moniert, dass Fragen, die etwa auf kindliche Gewalterfahrung der Polizisten abzielten, Opfer in Täter verkehren würden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die eine Zusatzstudie zu schwerverletzten Polizisten am KFN finanziert, kritisierte dagegen das Ausscheiden des Ministeriums. „Damit wurde eine Chance vertan, belastbare Erkenntnisse für konkrete Maßnahmen zum besseren Schutz meiner Kolleginnen und Kollegen zu erhalten“, sagte GdP-Vorsitzender Konrad Freiberg.

Christian Pfeiffer betonte, dass sein Haus die weitere Entwicklung „gelassen“ betrachte. Die Studie werde auf jeden Fall gemacht werden. Bemerkenswert ist, dass seiner Aussage nach die kritisierten Fragen schon lange nicht mehr im Fragenkatalog enthalten sind: „Alle psychologischen Fragen sind gestrichen.“ Das sei aus der Forschungsperspektive bedauerlich: Man habe herausfinden wollen, ob Beamte, die als Kind Gewalterfahrungen gemacht hätten, häufiger erneut Opfer von Gewalt würden. Sei das nicht der Fall, zeige dies, dass die Polizeiausbildung die Kindheitserfahrungen überdecke.

Durch das Ausscheiden des Bundesinnenministeriums entfällt die Teilnahme von rund 30.000 Bundespolizisten an der Befragung, die anonym im Internet stattfindet. Die Kosten von 132.000 Euro müssen sich nun die Bundesländer teilen. Bislang hat Niedersachsen seine Teilnahme bekräftigt. Am kommenden Mittwoch beraten neun weitere Bundesländer, ob sie den Fragebogen des Instituts billigen. FRIEDERIKE GRÄFF