Europas Krise

Griechische Banken sind seit einer Woche weitgehend geschlossen, Bargeldabhebungen beschränkt. Wie reagiert die EZB auf das Referendum?

Die Ruhe nach dem Referendum

MÄRKTE Keine Panik weit und breit. Aktienkurse und Staatsanleihen bleiben relativ stabil

BERLIN taz | Der Spielraum für die Politik zu Lösung der Griechenland-Frage bleibt bestehen. Die Finanzmärkte verdauten auch den zweiten Schock innerhalb einer Woche relativ leicht: Der Deutsche Leitindex DAX fiel gestern zwar, von Panik kann aber keine Rede sein.

Auch der zweite wichtige Indikator blieb stabil: Staatsanleihen einiger Euro-Staaten wie Spanien, Italien oder Portugal verteuerten sich zwar minimal. Die Zinsen liegen aber bei 2,317 bis 3,08 Prozent, halb so hoch wie zum Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise 2012. Erst ab dem doppelten Niveau würden die Staaten Schwierigkeiten bekommen, sich an den Kapitalmärkten zu refinanzieren.

Der DAX sinkt zwar seit knapp drei Monaten, liegt aber für 2015 im Korridor eines historischen Allzeithochs. Lediglich Bankaktien fielen am Montag überdurchschnittlich, fast schon aus Tradition heraus: Die Geldhäuser haben zwar fast keine Gelder mehr in Griechenland. Aber im Fall von Unsicherheiten in einem Währungsgebiet sagt eben die Erfahrung der Börsianer: Bankaktien sinken. Also verkaufen einige und die Erfahrung reproduziert sich.

Die aktuell relative ruhige Entwicklung an den Märkten lässt politische Spielräume offen, wenn die Krisenrhetorik der Vergangenheit korrekt war: Ende 2009, Anfang 2010 zogen sich die Zinsen für Staatsanleihen diverser Euroländer wechselseitig nach oben. Investoren verkauften in der Logik des Herdentriebs von Märkten in Krisenzeiten massenweise entsprechende Papiere. Das bedrohte am Ende Banken und Versicherer, in deren Bilanzen vermeintlich sichere Staatsanleihen auf einmal ihren Wert verloren. Die Politik fand sich in einer Spirale aus Abhängigkeiten wieder, oberstes Primat war es, die Märkte zu beruhigen.

Das ist momentan nicht der Fall. Die Europäische Zentralbank kauft bei steigenden Zinsen für andere Euroländer so lange deren Staatsanleihen, bis die Kurse wieder sinken. Allein weil Investoren das wissen, kommt niemand auf die Idee, auf ein Auseinanderbrechen der Eurozone zu spekulieren. Welche Schlüsse die Politik aus ihrer Freiheit zieht, ist natürlich völlig offen. Ingo Arzt