LIEBESERKLÄRUNG
: Gianis Varoufakis

Kaum haben die Griechen ihm den Rücken gestärkt, tritt Prof. Varoufakis zurück? Was ist da los? Ist da etwa jemand integer?

Was bleibt? Gianis als linker Posterboy, als neuer Che? Dessen politische Agenda sich heute auch niemand mehr so genau anschauen möchte? Wird Varoufakis als noch so ein blendend aussehender Heros der Niederlage in die Geschichte eingehen, wie ihn die Linke liebt?

Das hätten viele gern. Und Varoufakis, der helmlose Rocker und nervensägende Professor, hat es ihnen leicht gemacht. Und dann ist er noch nicht mal fett, säuft nicht und hat statt einer Knautschzone ein schönes Gesicht.

Für den zeitgenössischen Linksliberalen resp. Ex-Linksradikalen ist es eine unerhörte Zumutung: Dass man, um ein paar Brocken vom Tisch der Großen abzubekommen, ­Figur, Verstand und Integrität nicht an der Garderobe abgeben muss.

Man wird im Gegenteil vom EU-Kommissionspräsidenten zitiert, mit vom Beleidigten schon stark ins Weinerliche tendierendem Ton: „This is not a stupid austerity package“, meinte Jean-Claude Juncker Gianis Varoufakis vor elf Tagen widersprechen zu müssen. Die Griechen glaubten ihm kein Wort und schickten das „letzte“ Hilfspaket mit Referendumsstempel versehen zurück: Annahme verweigert.

Heute weiß man, dass sie auf jeden Fall etwas Besseres bekommen werden.

Hätte Varoufakis den Politprofis in Brüssel moralisierend entgegengehalten, wie erbarmungslos sie sind im Umgang mit den armen Griechen, Juncker hätte das mit einem Lächeln quittiert. Aber dass die Politik, die sie betreiben, dumm ist, weil sie selber dumm und korrupt sind; dass sie überhaupt ein Gebilde wie „austerity“ in den Mund nehmen müssen, wo sie doch alternativlos vor sich hin handeln wollen –das stellte Juncker bloß.

Varoufakis hat den Auftrag erfüllt, den ihm die Wähler erteilt haben. Das ist die zweite Provokation, speziell für die Blair-bis-Gabriel-Linke. Die SPD hat das bis heute nicht begriffen, obwohl Zahlen nicht lügen: Ergebnis 1998: 40,9%. Aktuelles Umfrageergebnis: 24%. Der Prof hätte jetzt wieder Termine frei. Ambros Waibel