Großer Bogen von Bengasi nach Mali

USA Wütend verteidigt US-Außenministerin Hillary Clinton vor zwei Kongressausschüssen die Politik ihrer Regierung rund um den Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi im September 2012

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Von „Schuld“ ist die Rede. Von „Versagen“. Und von „Geheimnissen aus politischen Gründen“, als Hillary Clinton am Mittwoch in Washington nacheinander vor zwei Kommissionen im Kongress tritt. Es geht darum, was am 11. September 2012 in Bengasi passiert ist, als eine bewaffnete Menschenmenge das US-Konsulat in der libyschen Stadt attackierte und nach achtstündiger Belagerung den toten US-Botschafter Christopher Stevens sowie drei weitere tote US-Amerikaner hinterließ. Die republikanischen Abgeordneten versuchen, die Außenministerin und die Obama-Regierung insgesamt als sicherheitspolitisch unfähig und naiv zu demontieren. Rand Paul, ein kleiner Senator aus Kentucky, geht so weit, das Ereignis die „größte Tragödie seit den Attentaten von 2001“ zu nennen. Jeff Duncan aus South Carolina klagt an, die Außenministerin hätte das Konsulat in eine „Todesfalle“ verwandelt, weil sie frühzeitige Warnungen nicht berücksichtig habe.

Für Hillary Clinton, die ihr Ausscheiden aus dem Amt angekündigt hat, ist es vermutlich ihr letzter großer Auftritt als Außenministerin. Sie gilt gegenwärtig in Washington als potenzielle Präsidentschaftskandidatin für das Jahr 2016. Sie versucht, die Ruhe zu wahren. Und schafft es, wenn sie sagt: „Ich habe nicht versucht, in die Irre zu führen.“ Doch es gelingt ihr nicht immer. Mehrfach wird sie laut gegenüber besonders aggressiven Abgeordneten.

„Es war keine spontane Demonstration“, sagt die Außenministerin am Mittwoch, vier Monate nach dem Ereignis: „Es war Terrorismus.“ In der unmittelbaren Folge der Ereignisse klang das ganz anders. Da erklärte die US-Spitze in Washington, dass eine Menschenmenge in Bengasi auf einen antimuslimischen Film aus den USA reagiert habe und zum Konsulat marschiert sei. Und noch am Sonntag, den 16. September, erklärte Susan Rice, die UN-Botschafterin der USA, in verschiedenen Fernsehsendungen, Bengasi habe so begonnen wie Stunden zuvor eine Anti-US-Demonstration in Kairo. Das stand schon damals in einem eigenartigen Kontrast zu Erklärungen von libyschen Politikern. Aber es entsprach, so hat Rice damals und Clinton jetzt erneut gesagt, den damaligen Erkenntnissen der US-Geheimdienste.

Clinton erklärt, dass „Bengasi nicht in einem Vakuum“ geschehen sei. Sie erwähnt die „Instabilität in Mali“ und die wachsenden sicheren Gebiete für Terroristen in der Region. „Da ist große Anstrengung nötig“, sagt sie: „Wir können keine sicheren Gebiete für Terroristen im Norden Malis zulassen.“ Für den Umgang mit al-Qaida und ihren Zweigstellen könnten die USA von heute vom früheren Kampf gegen den „internationalen Kommunismus“ lernen, meint Clinton. „Da haben wir eine Menge Dinge wirklich gut gemacht“, sagt sie.

Am Ende der beiden Hearings bleiben viele Fragen von Abgeordneten unbeantwortet. Warum die U.S. Air Force während der siebenstündigen Attacke keine Verstärkung aus ihrer Basis in Italien geschickt habe. Warum die US-Geheimdienste so lange an einer offensichtlich falschen Version des Tathergangs festhielten. Und warum Clinton vor der Attacke nichts von den Mahnungen ihrer Diplomaten in Libyen vor Sicherheitsrisiken gewusst hat.