kommentar von bernhard pötter zur Energiepolitik der Bundesregierung
: Energiewende nur für Reiche

Gabriels Kompromiss kostet jährlich 2,5 Milliarden Euro

Das war’s dann erst mal mit dem deutschen Vorbild in Sachen Klimaschutz. Der Kompromiss der Bundesregierung zur Zukunft der Braunkohle folgt der Logik, niemandem wehzutun und Konflikte mit viel Geld zu übertünchen. Aber klimapolitisch ist der Beschluss ein Desaster. Denn er sagt dem Rest der Welt: Unsere Energiewende ist nur was für Reiche.

Genau das Gegenteil aber war und ist offiziell das Ziel von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und seinem grünen Staatssekretär Rainer Baake. Immer und immer wieder haben sie – völlig zu Recht – betont, dass die Kosten sinken müssen, damit die Energiewende im Rest der Welt Nachahmer finden kann. Nur dann werden Länder wie China und Indien auch ihre Wirtschaft langfristig auf eine Entziehungskur vom Kohlenstoff schicken. Und nur dann wird die deutsche Energiewende mehr sein als ein Öko-Hobby der grünen Wohlfühl-Schickeria.

So wird der Emissionshandel begründet, und auch die Kürzungen bei der EEG-Um­lage. Genau die Akteure, die damals mit allen Mitteln vor „ausufernden Kosten“ gewarnt haben – die Kohleindustrie, die Gewerkschaften wie die IG BCE und kurzsichtige Politiker aus CDU und SPD, vor allem aus Nordrhein-Westfalen und Brandenburg –, haben die Regierung nun zu ausufernden Kosten gedrängt. Der Kompromiss, auf den sich Gabriel eingelassen hat, wird die deutschen Stromkunden und Steuerzahler in jedem Jahr etwa 2,5 Milliarden Euro mehr kosten als der ursprüngliche Plan seiner Klimaabgabe.

„Der Kompromiss hat seinen Preis“, heißt es dazu. Das stimmt. Aber international ist dieser Preis zu hoch. Denn er signalisiert, dass die Energiewende eben doch nur mit dem dicken Scheckbuch funktioniert. Deshalb bleibt Deutschland zwar Vorreiter beim Aufbau der erneuerbaren Energien und seinen Klimazielen. Aber Deutschland versagt, wenn es darum geht, wie man mit den Verlierern der Energiewende umgehen soll.

Klimakanzlerin Angela Merkel und ihr Wirtschaftsminister haben der Lobby der Vergangenheit nachgegeben und keine Konzepte für die Zukunft entwickelt. Denn was soll aus Landstrichen wie der Lausitz werden, wo außer Braunkohleverbrennung nicht viel passiert? Dazu gibt es keine Vorschläge und erst recht keine Ideen, die auch in anderen Ländern jenseits der deutschen Luxusprobleme anwendbar wären. Einfach nur die Geldbörse aufzumachen, ist kein Ersatz für Politik.