KOMMENTAR: LENA KAISER ÜBER ZOLLKONTROLLEN BEI OBDACHLOSEN
: Druck auf die Schwächsten

Der SPD-Senat hat den Zoll darauf angesetzt, Obdachlose im Winternotprogramm des mutmaßlichen Missbrauchs von Sozialleistungen zu überführen. Die Gründe, warum Menschen trotz einer Beschäftigung in Hamburg obdachlos sind, interessieren die Sozialbehörde offenbar herzlich wenig.

Statt sich als Sozialsenator für das Problem verantwortlich zu fühlen, setzt Detlef Scheele (SPD) darauf, Menschen ohne Obdach – vor allem Osteuropäer aus Bulgarien und Rumänien – zu kriminalisieren. So will der Senat Platz für die „echten Bedürftigen“ schaffen. Wer „tatsächlich bedürftig“ ist und wer nicht, ist eine interessante Definitionsfrage.

Der Senat steht mit seiner fragwürdigen Sozialpolitik schon länger in der Kritik. Bereits 2011 hat er parallel zum Winternotprogramm die „Anlaufstelle für Osteuropäer“ eingerichtet, um „die Lebensperspektiven der Osteuropäer in Hamburg zu klären“. Fällt die Prüfung negativ aus, wird den EU-Bürgern die Rückkehr in ihre Heimatländer mit sogenannten „Rückkehrhilfen“ nahegelegt.

Scheeles Strategie ist offenbar, vor allem die Schwächsten unter Druck zu setzen. Das Winternotprogramm steht wegen der miserablen Bedingungen seit Monaten in der Kritik. Wenn er glaubt, dass jemand dort freiwillig unterkommt, zeigt sich daran wohl nur, wie realitätsresistent der Sozialsenator ist.