"Ein ideologischer Kampf"

Diskussion Eine Vertreterin der Syriza-Partei erklärt, wie es mit Griechenland weiter geht

Elena Sintrit Bazai

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26, studiert Ökonomie an der HU in Berlin und ist Mitglied der griechischen Syriza Partei.

taz: Frau Bazai, wie schlimm ist die Situation derzeit in Griechenland?

Elena Sintrit Bazai: Man sieht die Bilder von den älteren Leuten in den Schlangen vor den Geldautomaten. Aber wenn ich mit meinen Freunden spreche, klingt es etwas undramatischer. Dennoch sind sie auch unsicher und machen sich Sorgen darüber, was in den nächsten Tagen passiert. Es ist stressig.

Was verschlimmert sich bei einem Staatsbankrott?

Das wäre vor allem für unsere Eliten schlimm, sie hätten Profiteinbußen. Aber persönlich glaube ich, dass sich die Situation für die Mittelschicht nicht verändern würde: In den letzten fünf Jahren gab es bereits so viele tiefe Einschnitte, die Renten sanken auf ein so niedriges Niveau – es kann kaum schlimmer werden.

Ist das nicht ein bisschen zu optimistisch?

Die sozialen Spannungen werden steigen und die Gesellschaft wird sich noch stärker spalten – aber das ist auch jetzt schon der Fall.

Hat Ihre Regierung genug getan, um einen Staatsbankrott zu verhindern?

In den letzten vier Monaten gab es jede Menge Treffen, bei denen man sich fast geeinigt hätte. Dann legte der Internationale Währungsfonds ein Angebot vor, das uns auf den Stand von Januar zurückgebracht hätte. Es wurde alles getan, um die griechische Regierung zum Scheitern zu bringen. Man will Syriza nicht die Möglichkeit geben, sich von ihren Vorgängern abzusetzen. Es ist ein ideologischer Kampf.

Inwiefern?

Wenn Griechenlands linke Regierung Erfolg hätte, wäre das ein Vorbild für andere Länder. Die EU ist zu unflexibel und will nicht von der neoliberalen Ideologie abrücken.

Macht das Referendum über die Sparauflagen der EU noch Sinn?

Ich denke, die Regierung sollte keine weiteren Einschnitte akzeptieren und sich dafür die Rückendeckung des Volkes holen. Es gibt allerdings viele Menschen, die die Sparmaßnahmen akzeptieren würden: Die Leute haben Angst vor dem Unbekannten, als hätten sie das Stockholm-Syndrom. Aber wenn, dann wäre das wenigstens die Entscheidung einer ganzen Gesellschaft und nicht nur der Regierung.

Und wenn kein neues Angebot kommt?

Ich bin mir sicher, dass noch eines kommt. Interview: jpb

19 Uhr, Lagerhaus, Medienkoop

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