LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Unverschämter Schlichterspruch

betr.: "Klägliches Ende", taz vom 26. 6. 2015

Als ich in dieser Zeitung las, dass Verdi bereits "signalisiert" habe, diesen unverschämten Schlichterspruch anzunehmen, war ich von meiner Gewerkschaft mehr als enttäuscht. Wir hatten für eine Aufwertung gestreikt, die diesen Namen auch verdient. Stattdessen sollten wir billig abgespeist werden. Ich frage mich inzwischen, wessen Interessen die Gewerkschaftsführung vertritt! Wie war das noch mal mit dem links Blinken und rechts Abbiegen? HANNELORE BELZNER, Weinstadt

Märtyrer für ein anderes Europa

betr.: "Der Widerspenstigen Zähmung", taz vom 24. 6. 15

Ingo Arzt hat hier in seinem sicher auch als "mutig" zu bezeichnenden Kommentar aus meiner Sicht alles auf den richtigen Punkt gebracht.

Das Beklagenswerte an dieser "griechischen Tragödie" ist aber auch, dass die Tsipras- Regierung und auch die notleidende griechische Bevölkerung durch das Agieren der Institutionen, der Eurogruppe und der EU-Länder letztendlich wohl zu Märtyrern für ein anderes, ein solidarisches Europa werden, das derzeit in noch weiterer Ferne als bisher schon zu sein scheint. GÜNTER KÖHLER, Schwabmünchen

Ablenken hilft nicht

betr.: "Die Bilder vom anderen", taz vom 26. 7. 15

Probleme gehen nicht dadurch weg, dass man sie nicht (mehr) anspricht. Viele haben palästinensische Freunde und Schulkameradinnen und erfahren so von den ganz realen Problemen deren Familien, da helfen weder Verschweigen oder schöne Darstellungen in Schulbüchern.

Viele waren auch schon in Israel, sind am Strand gesessen, sind aber auch entsetzt vor der Mauer gestanden und an den Straßensperren, als sie das ummauerte Bethlehem besucht und sich mit den Leuten dort unterhalten haben über deren ganz realen Probleme, täglichen Demütigungen und die Perspektivlosigkeit.

Ablenken und "andere Darstellung" in Schulbüchern, weil die Politik versagt, ist deshalb keine gute Strategie, sondern eine Bankrotterklärung.

MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Volle Boote

betr.: "Der Asylmissbraucher", taz vom 26. 6. 15

Die Bewertung der Sowjetzonen-Flüchtlinge durch die CDU/CSU war kurz nach der BRD-Gründung kaum anders als die der heutigen Flüchtlinge etwa durch Seehofer: Ziel war, DDR-Deutsche nicht in die BRD zu lassen. Zum ständigen Aufenthalt war nach Paragraf 1 Absatz 1 Notaufnahmegesetz vom 22. 8. 1950 eine Erlaubnis nötig; wie bei Asylbewerbern wurde ihre politische Verfolgung geprüft, nur bei 6 bis 10 Prozent sei sie gegeben.

Den SPD-Antrag, alle aufzunehmen, die nicht wegen auch im Westen strafbarer Taten verfolgt werden, lehnte die Adenauer-Mehrheit mit Worten ab, die heuer gegen Ausländer verwandt werden. Auf die Bundestagsdokumente sei verwiesen: Bundestags-Protokoll 1/27 vom 18. 1. 1950, S. 842B ff.; 1/52 vom 27.3.1950, S. 1879D ff.; Bericht des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen vom 3. 3. 1950, Bundestags-Drucksache 1/685. Das Boot sei voll, Wirtschaftsflüchtlinge müssten abgeschreckt werden.

Wegen der wirtschaftlichen und sozialen Bedrohung durch die Zuwanderung aus der SBZ billigte das Bundesverfassungsgericht das bis 1990 gültige Gesetz (BVerfG-Entscheidung 2, 266 ff.; auch BVerwG-Entscheidung 3, 40 ff.).

Wirtschaftswunder und Arbeitskräftebedarf machten es insoweit obsolet, es wirkte aber im Entschädigungsrecht nach: Nach Paragraf 3 Absatz 1 Bundesvertriebenengesetz war SBZ-Flüchtling nur wer floh, „um sich einer von ihm nicht zu vertretenden und durch die politischen Verhältnisse bedingten besonderen Zwangslage zu entziehen, und dort nicht durch sein Verhalten gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat. Eine besondere Zwangslage ist vor allem dann gegeben, wenn eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit vorgelegen hat. Eine besondere Zwangslage ist auch bei einem schweren Gewissenskonflikt gegeben. Wirtschaftliche Gründe allein rechtfertigen nicht die Anerkennung als Sowjetzonenflüchtling.”

ERICH RÖPER, Bremen

Der Vergleich

betr.: "Der Asylmissbraucher", taz vom 26. 6. 15

Wenn die Vertriebenen von 1945 nicht vergleichbar den heutigen Flüchtlingen sind, wie sieht es dann aus mit den 3 Millionen Menschen aus, die zwischen 1949 und 1961 die DDR in Richtung Westen verließen? Wie viele davon haben mit ihren mitgebrachten (gebührenfreien) Qualifikationen dazu beigetragen, dass Bayern seit Jahrzehnten zu den Geberländern im Länderfinanzausgleich gehört? ELKE SCHILLING, Berlin

Wankelmütige SPD

betr.: "Gabriels Spieltheorie", taz vom 24. 6. 15

Ulrich Schulte analysiert unaufgeregt und sachlich die Mutlosigkeit und Wankelmütigkeit der SPD. Besonders des fast schon irrlichternden Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Die SPD sollte Schulte zum Vorsitzenden wählen, wenn sie nicht dauerhaft unter 20 Prozent fallen möchte.

ARMIN JOHNERT