„Faszinieren und verstören“

VERNISSAGE Die Ausstellung „Auf anderen Gründen“ zeigt Werke von 15 MeisterschülerInnen der HfK

Ingo Clauß

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38,Kunstwissenschaftler und Kurator an der Weserburg.

taz: Herr Clauß, nervt Sie das manchmal, dass Kunst ständig politisch sein und sich verorten muss?

Ingo Clauß: Kunst mit einem Beipackzettel ist das Schlimmste. Kunst muss aus sich heraus wirken. Aber 2015 sind Kunstwerke anders zu betrachten als im 19. Jahrhundert. Die ausgestellten KünstlerInnen beziehen die BetrachterInnen ein – sie begeistern, faszinieren, irritieren und verstören. Die Aufgabe von Kunst ist, uns etwas über sich oder die Gesellschaft zu vermitteln, das uns noch gar nicht bekannt war.

Die KünstlerInnen verbindet erst einmal nur, dass sie MeisterschülerInnen sind – wie prägt das die Ausstellung?

Die Ausstellung zeichnet sich durch den ästhetischen Bruch aus. Jede Künstlerin und jeder Künstler hat einen eigenen Raum. So wechseln die BesucherInnen zwischen deren künstlerischen Sphären. Sie erleben sehr starke Wechselbeziehungen, Dialoge und Brüche.

Fragen zur gesellschaftlichen Rolle von Kunst sollen verarbeitet werden – wie wird das sichtbar?

Eine Künstlerin hat die Weserburg symbolisch in der Weser verankert. Das ist eine politische Arbeit, die fragt, inwieweit ist Kunst Rückbindung an Gesellschaft und braucht sie Rückbindung an Gesellschaft. Sie ist auch doppeldeutig in Bezug auf die Standort-Diskussion der Weserburg, damit das Gebäude nicht einfach weggeschwemmt wird. Andere Arbeiten der Ausstellung beschäftigen sich zum Beispiel mit den Fragen „wie wollen wir leben?“ oder „wie vergegenwärtigen wir uns Geschichte?“.

Funktioniert das Konzept der Förderung mit dem Karin-Hollweg-Preis?

Ja. Der Preis ist zweigeteilt und bedeutet für die Gewinnerin oder den Gewinner einen unglaublichen Schub. Es ist nicht nur ein Geldpreis, er beinhaltet auch eine Einzelausstellung. Die Gruppenausstellung in der Weserburg symbolisiert auch einen Übergang, vom Schutzraum der Hochschule, in dem sich die KünstlerInnen ausprobieren können, hin zu öffentlichen Ausstellungen, in denen sie gnadenlos beurteilt werden. Interview: Nele Wagner

Bis zum 25. Oktober. Vernissage und Preisverleihung: 19 Uhr

heute in Bremen
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