Zum Reisen gezwungen – Kind verloren

MIGRATION Hamburger Ausländerbehörde zwingt eine geflüchtete Frau mit diagnostizierter Risikoschwangerschaft zu einer beschwerlichen Reise – obwohl ihr der Arzt Bettruhe verordnet hatte

Mariatou Sow aus Guinea hat ihr ungeborenes Kind verloren. Im Hamburg-Journal des NDR hat sie Schwere Vorwürfe gegen die Hamburger Ausländerbehörde erhoben: Deren Mitarbeiter hätten sie gezwungen, in eine Flüchtlingsunterkunft in Nordrhein-Westfalen umzuziehen, obwohl ihre Schwangerschaft als gefährdet galt und ihr das Diakonie-Klinikum „stationäre Beobachtung und Bettruhe“ vorschrieb. Bei der Staatsanwaltschaft liegt eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung vor.

In Hamburg kommen mehr Flüchtlinge an, als die Stadt nach dem „Königsteiner Schlüssel“ aufnehmen müsste. Deshalb werden Einige in andere Bundesländer geschickt. Für die Sows bedeutete das mehr als zwölf Stunden Bahnfahrt mit einem anderthalbjährigen Kind auf dem Arm und mehrmaligem Umsteigen.

Im NDR-Fernsehen sagte Mariatous Mann Suleyman, er habe die Ausländerbehörde darauf hingewiesen, dass seine Frau schwanger sei. „Ich habe ihnen den Brief gezeigt“, sagte er. Das Schreiben der Klinik habe der Behördenmitarbeiter auch geöffnet und gelesen. Nach einer Besprechung mit seinen Kollegen habe er dem Ehepaar mitgeteilt, es müsse trotzdem reisen.

Auf eine parlamentarische Anfrage der Linken antwortete der Senat, von einem Krankenhausaufenthalt oder Beschwerden hätten die Eheleute nichts berichtet. „Entsprechende Unterlagen wurden nicht vorgelegt“, behauptet der Senat.

„Nach den momentan vorliegenden Informationen sieht es so aus, als hätte der Senat nicht die Wahrheit gesagt“, sagt Christiane Schneider von der Linken. Der Fall zeige, dass die Entscheidung von Innensenator Michael Neumann (SPD) falsch gewesen sei, auch Schwangere umzuverteilen.

Frank Ulrich Montgomery, der Präsident der Ärztekammer Hamburg, verlangte, dass Frauen im letzten Drittel der Schwangerschaft wie früher unter CDU-Ägide nicht umverteilt werden dürften. Für Risikoschwangere müsse das stets gelten. GERNOT KNÖDLER