Strahlentod in der Fußgängerzone

ANTI-ATOM-PROTEST Immer häufiger kommt es in norddeutschen Städten zu AKW-Störfall- Flashmobs. Wachsender Zuspruch aber auch für atomkritische Spaziergänge und Mahnwachen

Nach der großen Demo im September setzt die Anti-Atom-Bewegung erstmal auf kleinere Aktionen

Samstagmittag, kurz vor zwölf, in Hameln: Ein rundes Dutzend Passanten sinkt inmitten des Einkaufstrubels ganz plötzlich zu Boden. Papierblätter mit dem Radioaktivitätszeichen legen nahe, dass die Gruppe durch einen Atomunfall im nahen AKW Grohnde niedergestreckt wurde. Selbstverständlich nur zum Schein: Wenig später stehen die zwölf angeblich Verblichenen wieder und verteilen Flugblätter.

Seit einigen Wochen bereits protestieren Atomkraftgegner im Norden mit solchen „Flashmobs“ gegen längere Laufzeiten für die deutschen AKWs. Für die Anti-Atom-Bewegung selbst noch relativ neu, hat sich diese Aktionsform schnell auf immer mehr Städte ausgebreitet. Nach Zählung der bundesweiten Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ gab es allein am vergangenen Wochenende in 12 Orten Niedersachsens, Schleswig-Holsteins sowie in Hamburg solche „Störfall-Mobs“. Beteiligten Aktivisten zufolge, stoßen die Aktionen meist auf Wohlwollen in der Lokalpresse, aber auch bei der Bevölkerung.

Die Mob-Teilnehmer verabreden sich über das Internet und per SMS und kennen sich vor der Aktion häufig gar nicht. Koordiniert wird die Kampagne von „ausgestrahlt“: Auf ihrer Homepage (www.ausgestrahlt.de) bietet die Organisation neben Tipps für die Vorbereitung auch Radioaktivitätszeichen zum Ausdrucken oder Textbausteine für Pressemitteilungen an.

Auch sonst hat die Anti-Atom-Bewegung in Norddeutschland nach der großen Demonstration in Berlin im September erstmal auf kleine Aktionen umgeschaltet. Neben den Flashmobs erleben so auch die Sonntagsspaziergänge und Mahnwachen an den Atomanlagen eine neue Blüte, die von Standortinitiativen ausgerichtet werden. Immer wieder sonntags umrunden einige Dutzend bis mehrere hundert Menschen das Endlagerbergwerk in Gorleben. Auch die Mahnwachen an den Endlagerstandorten Asse und Schacht Konrad melden regen Zuspruch. REIMAR PAUL