Kleiner Hof versus Agrarkonzern

Landwirtschaft Das Bild vom ehrlich arbeitenden Kleinbauern ist Romantik, meint Timo Nicolas in der taz. Der Umwelt mögen kleine Höfe nutzen, die Versorgung der Bevölke- rung können sie nicht leisten. Ist das so? Und wie verträgt sich Agrarindustrie mit Bio?

Gefährdet dank Industrialisierung: Waldschafe   Foto: Carsten Rehder/dpa

Schrei der Ziege

betr.: „Sind kleine Höfe wirklich besser?“, taz vom 13. 6. 15

Als großstädtischer Wochenendhobbybauer sehe ich keinen Weg, wie die Bedürfnisse der Tiere erfüllt werden könnten. Als die Zahl meiner Schafe auf 27 angewachsen war, ließ ich die Böcke kastrieren. Ich wollte kein Fleischproduzent werden. Damit auch kein Herumspringen von Lämmern mehr in der Frühlingssonne, aber auch kein Weg zum Schlachter für den Nachwuchs. Ziegen habe ich auch mal gehalten. Wer den Schrei einer jungen Ziege gehört hat, die von ihrer Herde getrennt wird, muss sein Herz bei seinem „vernünftigen“ Tun ganz schön verschließen. Bei einem mir bekannten Biobauern stehen die Kälber –deutlich unglücklich – gleich ab der Geburt in einem eigenen Gatter weitab getrennt von ihren Müttern. Die Milchproduktion geht vor. Meine Skipensionswirtin in den Alpen lässt sechs, sieben Jungrinder angebunden in einem fast dunklen Stall durch den Winter dämmern. Immerhin haben sie dann einen Sommer auf der Alm, bevor sie auf dem Teller landen. Mein Nachbarbauer, der zugleich leidenschaftlicher Jäger ist, betrachtet mich mit etwas Verwunderung. Immerhin sieht er in mir nicht nur den sentimentalen Großstadtdeppen, sondern seinen Freund.

UDO GRÖNHEIT, Berlin

Lobbypolitik

betr.: „Sind kleine Höfe wirklich besser?“, taz vom 13. 6. 15

Der Vergleich groß/klein führt in die Irre. Natürlich korreliert das Tierwohl nicht 100 Prozent mit der Betriebsgröße. Es ist vor allem eine Charakterfrage, wie ich Tiere behandle und halte. Allerdings sind die Möglichkeiten, für das tierische Wohlbefinden zu sorgen, in einem Stall mit 50.000 Schweinen oder 600 Muttersauen gering. Außer man redet sich schön, dass diese Tiere mit dem IQ von Hunden im Halbdunkel bei absoluter Untätigkeit sich wohlfühlen.

Die Unterscheidung zwischen bio und nicht bio macht mehr Sinn, immerhin gibt es dort bei den meisten Verbänden Vorschriften zur besseren Tierhaltung.

Auch bei den anderen Aspekten spielt bio oder nicht bio die entscheidende Rolle. Ob Artenschutz, Boden- oder Gewässerschutz: Das UBA hat schon längst Alarm geschlagen und festgestellt, dass die konventionelle Landwirtschaft großflächig die Umwelt schädigt. Interessiert niemanden, die Verbraucher fallen offenbar auf jede noch so dreiste Werbung herein. Die verantwortlichen Politiker prostituieren sich, die Lobbyisten bestimmen die Politik. Dabei könnte man mit einer Besteuerung von Düngemitteln und Pestiziden effektiv gegensteuern.

CHRISTINE MAYR-STEER, Horgau

PS-Monster

betr.: „Sind kleine Höfe wirklich besser?“, taz vom 13. 6. 15

Ich möchte bezweifeln, dass durch die zunehmende Mechanisierung Energie gespart wird. Hier sollte der Autor mal Zahlen nachliefern. Dass man nicht zugleich Zeit und Energie sparen kann, sagen einem doch schon die physikalischen Gesetze, denen zufolge der Energieeinsatz quadratisch mit der Beschleunigung zunimmt.

Die von mir beobachtete Realität sieht so aus: Früher tuckerten die Bauern jahrzehntelang mit ein und demselben 40-PS-Traktor über die Lande. Heute sind riesige Maschinen in Windeseile abgeschrieben oder verschlissen (im Sinne von: Reparatur lohnt sich wirtschaftlich nicht mehr, technisch ginge das schon noch) und werden durch noch größere PS-Monster ersetzt. Die billigen Lebensmittel sind mit Energieverschwendung teuer erkauft. otto8, taz.de

Kleine Rebellion

betr.: „Sind kleine Höfe wirklich besser?“, taz vom 13. 6. 15

Eine wachsende Menschheit, die immer stärker von Lebensmitteleinkäufen lebt, vor allem in den riesigen Megacitys, die auf der ganzen Welt in rasantem Wachstum begriffen sind, lässt sich nur durch eine sehr gut organisierte Lebensmittelversorgung mit industriell arbeitenden Verarbeitungsstufen ernähren, die wiederum fabrikmäßig zu verarbeitender Rohstoffe bedarf und damit auf der „Erzeugerseite“ Strukturen heranwachsen lässt, die vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar waren. Der biologisch-technische Fortschritt ist eben auch nur durch solche Agrarunternehmer – die nichts mehr mit einem Bauern gemein haben – zu nutzen, die wiederum in der Lage sind, den Anforderungen des Marktes zu genügen. Dennoch ist der klein strukturierte Ökolandbau auch für die Zukunft der Menschen eine große Hoffnung, dieser Art der Konzentration entgegenzuwirken, sozusagen als kleine Rebellion zusammen mit den „Verbrauchern“ gegen die Machtübernahme der Lebensmittelversorgung und der genetischen Ressourcen durch Monsanto und Co.

KARL KRÄHLING, taz.de

Interessante Frage

betr.: „Sind kleine Höfe wirklich besser?“, taz vom 13. 6. 15

Schade, die interessante Frage hätte etwas mehr Recherche verdient. 20 Hühner eines kleinen Demeter-Betriebes mit 70.000 Masthähnchen eines konventionellen Mästers zu vergleichen ist dabei nicht sehr hilfreich. Gefehlt hat mir vor allem der wirtschaftliche und politische Zusammenhang.

Die KTG ist eine börsennotierte AG mit 36.000 Hektar. Aktionäre bestimmen über diese Fläche und die Mitarbeiter. Im Gegensatz dazu könnten auf dieser Fläche Hunderte selbstständige Familienbetriebe mit gutem Auskommen leben, doch durch das außerlandwirtschaftliche (Börsen)kapital der KTG ziehen sie im Konkurrenzkampf um die Flächen den Kürzeren. Hunderte Familienbetriebe bereichern das Dorfleben, brauchen örtliche Handwerksbetriebe, Verarbeiter und Vermarkter. Welches der beiden Strukturbeispiele wäre wohl demokratischer?

MARKUS HECK, Tessenow

Tote Böden

betr.: „Sind kleine Höfe wirklich besser?“, taz vom 13. 6. 15

statt den stall auf einem kleinen bergbauernhof auszumisten, sollte jost maurin mal den stall ausmisten, der auf seite 17 abgebildet ist. viel spaß! der mist und die gülle aus der massentierhaltung – logischerweise voll mit keimen – kommt dann auf die felder. da hilft‘s mir dann gar nichts, wenn ich kein fleisch esse. auf diesen industriell bewirtschafteten feldern sind multiresistente keime wahrscheinlich die einzigen lebewesen. das hält keine assel, kein wurm und kein käfer aus. diese böden sind tot.

weiterhin werden in der massentierhaltung logischerweise auch massenhaft mist und gülle produziert. das futter –vornehmlich soja –, um solche massen an tieren überhaupt ernähren zu können, kommt ja für ‚n appel und ‚n ei (hohoho) aus südamerika. wer wissen will, wie‘s dort produziert wird – googeln. ein kleinbauer könnte gar nicht so viele tiere ernähren. ergo – und das ist doch ein schöner abschluss – kann ein kleinbauer logischerweise auch nicht so viel scheiße produzieren! nicht mal an 365 tagen im jahr.

BORIS KRUMM, Hopfgarten

LeserInnenbriefe

Ist das zu viel verlangt?

betr.: „Uhrenvergleich“, taz vom 13. 6. 15

Interessante Gegenüberstellung: Ich wusste bisher gar nicht, dass es die Reichtumsuhr gibt. Kein Wunder, wenn die auf dem Dach des DGB-Hauses steht. Warum eigentlich? Angst vor der eigenen Courage? Und warum steht die dann nicht wenigstens auf der taz-Website?Was mir bei dem Artikel auch fehlt: Wenn man die Zahlen vergleicht, würde es die Reichen ja nur ganze 3 Prozent ihres Gewinnzuwachses kosten, um den Zuwachs der Staatsverschuldung unter null zu drücken. Ist das wirklich schon zu viel verlangt? Sollte man diese Frage nicht mal an die einzelnen Parteien stellen und am besten vor jeder einzelnen Wahl in der taz abdrucken? Vielleicht kommt dann auch die zitierte schwäbische Kleinfamilie ins Grübeln. RAINER ASSMANN, Filderstadt

Dehydriert und durchnässt

betr.: „Es ist katastrophal“, taz-Interview vom 11. 6. 15

Das Interview mit der griechischen Ministerin für Einwanderung, Frau Christodoulopoulou, hat mich wütend gemacht. „Wir wissen nicht, wie wir ihnen [den Flüchtlingen] in der derzeitigen Situation helfen können.“ Kein Geld. Auflagen von der EU. Wenn sich Frau Christodoulopoulou vor Ort, zum Beispiel In Molyvos/Lesbos, wo täglich 100 bis 300 Flüchtlinge ankommen, ein Bild machen würde, fiele ihr bestimmt etwas ein. Hier oben im Norden der Insel kommen die Flüchtlinge an drei Stränden/Häfen an. Es gibt keinerlei Erstversorgung durch die Behörden vor Ort, im Gegenteil: Die durchnässten, dehydrierten Menschen werden, kaum ihren armseligen Schlauchbooten entstiegen, genötigt, so schnell wie möglich die touristisch relevanten Orte wie Eftalou, Molyvos und Sikamenias zu verlassen, und zwar zu Fuß!

Sechzig Kilometer Asphaltstraße bis zum Registration-Camp in Moria/Mytilini. Das ist ein dreitägiger Fußmarsch, mit Kindern und Babys und oft in Schlappen oder sogar barfuß. Warum werden die Flüchtlinge nicht dort, wo sie ankommen, versorgt? Kein Geld für „Neubauten“ von der EU? In Molyvos gibt es einen sehr gut gelegenen Campingplatz mit funktionierenden sanitären Anlagen, der seit zwei Jahren nicht mehr genutzt wird. Warum die Flüchtlinge nicht hier offiziell erstversorgen? So überlässt man die dringend nötige Hilfe der einheimischen Bevölkerung, die tut, was sie kann, und sich nicht einschüchtern lässt –aber auch ihre Kräfte haben Grenzen.

Das Verhalten der Behörden/der Regierung hingegen ist schikanös.

CHRIS KREIS, Unna

Zusteller fair entlohnen!

betr.: „Jetzt geht die Post ab“, taz vom 18. 6. 15

Die Angabe der Post, dass doch noch ein großer Teil der Sendungen zugestellt wird, muss kritisch geprüft werden. Für Lübeck gilt es sicherlich nicht. Seit Beginn des Streiks Anfang letzter Woche haben wir keine Sendungen mehr erhalten!Wir sind ein dermatopathologisches Institut und stellen Diagnosen an Hautgewebsproben von Patienten, die uns bundesweit von Hautärzten/innen zugesandt werden. Oft wird ein Hautkrebs diagnostiziert oder ausgeschlossen. Hunderte von Patientenproben stecken fest und erreichen uns nicht! Wichtige Diagnosen können nicht gestellt werden, und eine notwendige Therapie wird verzögert. In all den Jahren arbeiteten die Mitarbeiter der Deutschen Post zuverlässig. Diese Arbeit muss fair und korrekt entlohnt werden, sodass wir das Anliegen von Verdi unterstützen. Gleichzeitig treibt mich aber auch die große Sorge um die Patienten um! CHRISTIAN ROSE, Lübeck

LeserInnenbriefe
:

Frühstück bei Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch

Der Inhalt des Artikels bleibt mir verborgen. Zwei Fraktionsvorsitzende, die beim Frühstück nicht das gleiche Brötchen essen, das geht natürlich ebenso wenig wie zwei Eheleute, die verschiedene Zahnbürsten benutzen

RAINER B. ZU „Ortstermin bei der Linksfraktion: Kampf um Krümel“, taz.de vom 17. 6. 15

die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Straße 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/Zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor .Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

LeserInnenbriefe

Ist das zu viel verlangt?

betr.: „Uhrenvergleich“, taz vom 13. 6. 15

Interessante Gegenüberstellung: Ich wusste bisher gar nicht, dass es die Reichtumsuhr gibt. Kein Wunder, wenn die auf dem Dach des DGB-Hauses steht. Warum eigentlich? Angst vor der eigenen Courage? Und warum steht die dann nicht wenigstens auf der taz-Website?Was mir bei dem Artikel auch fehlt: Wenn man die Zahlen vergleicht, würde es die Reichen ja nur ganze 3 Prozent ihres Gewinnzuwachses kosten, um den Zuwachs der Staatsverschuldung unter null zu drücken. Ist das wirklich schon zu viel verlangt? Sollte man diese Frage nicht mal an die einzelnen Parteien stellen und am besten vor jeder einzelnen Wahl in der taz abdrucken? Vielleicht kommt dann auch die zitierte schwäbische Kleinfamilie ins Grübeln. RAINER ASSMANN, Filderstadt

Dehydriert und durchnässt

betr.: „Es ist katastrophal“, taz-Interview vom 11. 6. 15

Das Interview mit der griechischen Ministerin für Einwanderung, Frau Christodoulopoulou, hat mich wütend gemacht. „Wir wissen nicht, wie wir ihnen [den Flüchtlingen] in der derzeitigen Situation helfen können.“ Kein Geld. Auflagen von der EU. Wenn sich Frau Christodoulopoulou vor Ort, zum Beispiel In Molyvos/Lesbos, wo täglich 100 bis 300 Flüchtlinge ankommen, ein Bild machen würde, fiele ihr bestimmt etwas ein. Hier oben im Norden der Insel kommen die Flüchtlinge an drei Stränden/Häfen an. Es gibt keinerlei Erstversorgung durch die Behörden vor Ort, im Gegenteil: Die durchnässten, dehydrierten Menschen werden, kaum ihren armseligen Schlauchbooten entstiegen, genötigt, so schnell wie möglich die touristisch relevanten Orte wie Eftalou, Molyvos und Sikamenias zu verlassen, und zwar zu Fuß!

Sechzig Kilometer Asphaltstraße bis zum Registration-Camp in Moria/Mytilini. Das ist ein dreitägiger Fußmarsch, mit Kindern und Babys und oft in Schlappen oder sogar barfuß. Warum werden die Flüchtlinge nicht dort, wo sie ankommen, versorgt? Kein Geld für „Neubauten“ von der EU? In Molyvos gibt es einen sehr gut gelegenen Campingplatz mit funktionierenden sanitären Anlagen, der seit zwei Jahren nicht mehr genutzt wird. Warum die Flüchtlinge nicht hier offiziell erstversorgen? So überlässt man die dringend nötige Hilfe der einheimischen Bevölkerung, die tut, was sie kann, und sich nicht einschüchtern lässt –aber auch ihre Kräfte haben Grenzen.

Das Verhalten der Behörden/der Regierung hingegen ist schikanös.

CHRIS KREIS, Unna

Zusteller fair entlohnen!

betr.: „Jetzt geht die Post ab“, taz vom 18. 6. 15

Die Angabe der Post, dass doch noch ein großer Teil der Sendungen zugestellt wird, muss kritisch geprüft werden. Für Lübeck gilt es sicherlich nicht. Seit Beginn des Streiks Anfang letzter Woche haben wir keine Sendungen mehr erhalten!Wir sind ein dermatopathologisches Institut und stellen Diagnosen an Hautgewebsproben von Patienten, die uns bundesweit von Hautärzten/innen zugesandt werden. Oft wird ein Hautkrebs diagnostiziert oder ausgeschlossen. Hunderte von Patientenproben stecken fest und erreichen uns nicht! Wichtige Diagnosen können nicht gestellt werden, und eine notwendige Therapie wird verzögert. In all den Jahren arbeiteten die Mitarbeiter der Deutschen Post zuverlässig. Diese Arbeit muss fair und korrekt entlohnt werden, sodass wir das Anliegen von Verdi unterstützen. Gleichzeitig treibt mich aber auch die große Sorge um die Patienten um! CHRISTIAN ROSE, Lübeck