Knast im Knast

EKLAT SPD-Senat beharrt auf Verlegung der Frauen-Haftanstalt in das Hochsicherheitsgefängnis Billwerder. Mauern sollen Frauen schützen

„Frauen zwischen Sichtblenden und Mauern eingeklemmt – das ist fürchterlich“

CHRISTIANE SCHNEIDER, DIE LINKE

Die Verlegung der Strafvollzugsanstalt für Frauen von Hahnöfersand in das Männer-Hochsicherheitsgefängnis Billwerder sorgt weiter für Zündstoff. In der Justizausschuss-Sitzung ist es deshalb am Freitagabend zum Eklat gekommen, da die SPD-Mehrheit einen Antrag von CDU, GAL, FDP und Linkspartei für eine weitere öffentliche Anhörung abgelehnt hat. Stattdessen peitschte sie – ohne Beteiligung der Opposition – ihren Antrag durch, der ein separates Frauengefängnis im Männer-Knast vorsieht.

Fast überall stoßen die Pläne von Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) zur Verlegung des Frauengefängnisses mit seinen 95 Haftplätzen in das Gefängnis in Billwerder mit derzeit 650 männlichen Gefangenen auf Ablehnung. Eine Expertenanhörung warnte ausdrücklich vor dem Schritt, weil die Frauen – die ohnehin oft sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren – erneut auf Anmache und Männergewalt stoßen würden. Zudem sei der Prostitution in gemischten Gefängnissen Tür und Tor geöffnet.

Schiedek hingegen hofft, durch die Verlegung des Alles-in-einem-Haus bei den Schließern Synergieeffekte zu erzielen, die 900.000 Euro Personal-Einsparungen im Jahr erbringen könnten. Dies bezweifeln viele Parlamentarier und blockieren momentan die Haushaltmittel für das Vorhaben.

In einem kurz vor der Justizausschuss-Sitzung eingebrachten Antrag ging die SPD nun auf einige Bedenken ein und fordert vom Senat ein Gefängnis im Gefängnis. Es soll ein mit eigenen Mauern und Sichtblenden umgebenes Gebäude für die Frauen geben, separate Freizeitbereiche und spezielle Zeiten für Einkäufe sowie eine eigene Anstaltsleitung. Zudem sollen keine Sexualstraftäter mehr in Billwerder untergebracht werden.

Die Opposition beharrt darauf, die jetzt inhaftierten Frauen zur Verlegung selbst anzuhören, da ihre Briefe auf der letzten öffentlichen Anhörung aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht verlesen werden durften. Schiedecks Pläne seien keine Lösung, momentan sei alles in einem Haus, sagt die Justizpolitikerin der Linkspartei Christiane Schneider. „In Billwerder müssten die Frauen, wenn sie zum Arzt müssen oder in die Schulungsräume wollen, trotzdem bewacht durch den Männerbereich gebracht werden“, sagt Schneider. „Auf Hahnöfersand gibt es nur einen Zaun, in Billwerder sind die Frauen zwischen Sichtblenden und Mauern eingeklemmt – das ist ja fürchterlich.“

Auch die CDU schäumt. Es sei beachtlich, mit welcher „Hartnäckigkeit und Verbohrtheit“ Schiedek gegen alle Ratschläge ihren Plan „durchboxt“, sagt der CDU-Justizpolitiker Andre Trepoll. „Wir tolerieren es nicht, dass kritische Stimmen der betroffenen Frauen nicht angehört werden sollen, weil die SPD davor Angst hat.“ Die FDP-Politikerin Anna von Treuenfels appelliert an die SPD, „die Folgen der Verlegung des Frauenvollzugs nach Billwerder grundsätzlich zu überdenken“.

Der SPD-Plan muss jetzt noch vom Haushaltsausschuss abgesegnet werden. Schneider kündigte an, in der Bürgerschaft ein einjähriges Moratorium zu beantragen, um die Folge einer Verlegung noch besser analysieren zu können.  KAI VON APPEN