piwik no script img

Umweltfestival auf der KippeErste ökologische Verunsicherung

Das 20. Umweltfestival der Grünen Liga am 14. Juni könnte ausfallen – wegen der Auflage, einen teuren Sicherheitszaun aufzustellen.

Sollen plötzlich alle mitbringen: G8-Zaun. Die Wildpinkler kommen von alleine. Foto: dpa

Am kommenden Montag entscheidet sich, ob das traditionelle Umweltfestival der Grünen Liga vor dem Brandenburger Tor am 14. Juni stattfinden kann. Knackpunkt ist die Umzäunung des Festgeländes, das sich auch über einen Teil des Tiergartens erstreckt.

Bei Großveranstaltungen mit voraussichtlich mehr als 5.000 BesucherInnen müssen die Veranstalter ein Sicherheitskonzept vorlegen, das eine gefährliche Überfüllung des Geländes verhindert. Dazu gehört normalerweise ein Sicherheitszaun. Wie dieser jeweils auszusehen hat, darüber wird seit Jahren gestritten. In der Vergangenheit drückten die Bezirke häufig mehr als ein Auge zu. Die Feste durften teilweise mit einem relativ instabilen Bauzaun, teilweise ganz ohne Zaun stattfinden.

Das hat sich dieses Jahr geändert. Die genehmigenden Behörden sind strenger geworden. Niemand will verantwortlich sein, falls es infolge Überfüllung zu folgenschweren Unfällen kommt. Das Trauma der Loveparade 2010 in Duisburg wirkt fort. Obwohl seit dem Unglück, bei dem es 21 Tote gab, fünf Jahre vergangen sind, wird es jetzt als Negativbeispiel für das Fehlen von Sicherheitsauflagen herangezogen. Außer Acht gelassen wird dabei, um welche Art von Fest oder Veranstaltung es sich jeweils handelt. Was zählt, ist die Zahl der Besucher. Die soll durch den Zaun reguliert werden.

Anders als ein Bauzaun für rund 20.000 Euro koste ein massiver Sicherheitszaun, ein sogenannter „G-8-Zaun“, rund 60.000 Euro, rechnet die Grüne Liga vor. Das könne man sich nicht leisten. Auch die Notwendigkeit will dem Verein bei der 20. Auflage der Veranstaltung nicht einleuchten: „Wir rechnen nicht mit einer Überfüllung des Geländes“, sagte Sprecherin Anke Ortmann am Freitag zur taz, „außerdem haben wir weder Müll- noch Alkoholprobleme mit unseren Gästen. Bis jetzt hat es keinerlei Anlass zur Besorgnis gegeben.“ Wieso knapp drei Wochen vor dem Fest plötzlich die Sicherheitsauflagen verschärft wurden, könne man sich nicht erklären.

Brief an den Regierenden

„Genau dieser Zaun war schon Anfang Mai in einem Gespräch mit dem Bezirksamt Mitte und der Verkehrslenkung Berlin angedeutet worden,“ so Ortmann weiter. Die Aussage, dass es ohne G-8-Zaun nicht gehe, sei aber erst zwei Wochen später gemacht worden. „Das Problem hätte also schon Anfang Mai geklärt werden können.“ Die Grüne Liga hat sich nun in einem Schreiben, das der taz vorliegt, an den Regierenden Bügermeister Michael Müller (SPD) gewandt. Darin wird die finanzielle Überforderung durch den Sicherheitszaun beklagt.

Den letzten Konflikt wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen gab es beim geplanten Fanfest von Borussia Dortmund auf dem Breitscheidplatz anlässlich des Pokalfinales am Samstag. Der Veranstalter sagte es am Donnerstag ab. Davor fiel das Kinderfest „23 Nisan“ ins Wasser. Auch hier war erst eine Woche vor dem Termin festgelegt worden, dass es ohne Sicherheitszaun nicht geht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Wozu soll so ein Zaun nütze sein? Das Problem, weswegen es in Duisburg Tote gegeben hat, war doch gerade, daß sich zuviele Menschen auf einem abgezäunten Gelände und engen Zugängen gestaut haben. In Berlin, wenn es vor dem Brandenburger Tor zu eng wird, kann in die Weiten des Tierparks ausweichen. Deswegen hat es bei den Love-Paraden in Berlin, anders als in Duisburg, ja auch nie eine katastrophe gegeben.

    • @yohak yohak:

      Stimme 100% zu.

       

      Diese Auflage hat was von "Hauptsache was tun"

    • @yohak yohak:

      Für den Beamten, der über die Auflagen entscheiden muss ist nicht entscheidend, ob der Zaun nützt.

       

      Spätestens seit Duisburg ist jedem von denen nur eines wichtig:

       

      Ja nichts nicht vorzuschreiben, was möglicherweise in der Rückschau als Fehler sich herausstellen könnte, weil es vielleicht genützt haben könnte.

       

      Aber so läuft das in allen anderen Bereichen doch längst. Jeder Kleinbetrieb wird das bestätigen.

       

      Und "hat ... auch nie eine katastrophe gegeben" ist als hochdeutsche Variante des Kölner "is no immer jut gegang" war noch eine Hilfe bei einer Diskussion mit Staatsanwälten oder einer aufgebrachten Öffentlichkeit nach einem Unglück.

    • @yohak yohak:

      Sieh das doch mal so:

      .

      Auch eine Möglichkeit ungeliebte Feste ab zu würgen!

      .

      Kommerz kann sich das Leisten. Initiativen nicht.....

      .

      Na, begriffen?

      .

      Gruss Sikasuu