Toter Trainer: Was bleibt, ist Rufmord

Der Trainer der Cricket-Nationalmannschaft Pakistans ist doch nicht ermordet worden. Die jamaikanische Polizei, die das behauptete, hat Ärger.

Beim Trauergottesdienst für Bob Woolmer in Cape Town am 4. April Bild: reuters

DUBLIN (taz) Bob Woolmer ist an Herzversagen gestorben. Das gab die jamaikanische Polizei am Dienstagabend in einer Pressekonferenz bekannt. Der 58-jährige Trainer der pakistanischen Cricket-Nationalmannschaft war im März in seinem Hotel in Kingston tot aufgefunden worden. Am Vortag hatte sein Team bei der Weltmeisterschaft auf der Karibikinsel gegen die irische Mannschaft, die gerade das Cricketspielen gelernt hatte und zum ersten Mal an einem Turnier teilnahm, sensationell verloren.

Erste Untersuchungen ergaben kein eindeutiges Ergebnis. Doch vier Tage später erklärte die Polizei, Woolmer sei erwürgt worden. Das löste wilde Spekulationen in der Welt des Crickets aus. Steckte die Wettmafia dahinter? In kaum einer Sportart gibt es so viele Wettbetrügereien wie beim Cricket. Oder war es ein wütender Fan?

Dann aber nahm die Polizei von den pakistanischen Spielern und Funktionären Fingerabdrücke und DNS-Material. Ein Zeuge hatte ausgesagt, dass es im Mannschaftsbus nach der Niederlage gegen Irland zu einem heftigen Streit zwischen Woolmer und einigen Spielern gekommen war.

Die Polizei hatte außerdem spekuliert, dass ihm jemand ein Betäubungsmittel ins Getränk geschüttet haben musste, da Woolmer sehr kräftig war, es aber keine Kampfspuren in seinem Hotelzimmer gab. Das konnte eigentlich nur jemand gewesen sein, den er kannte und in sein Zimmer ließ. Der Fall schien klar.

Vorgestern musste die jamaikanische Polizei aber einen peinlichen Rückzieher machen. Todesursache war ein Herzinfarkt, sagte der jamaikanische Polizeichef Lucius Thomas. Woolmer hatte durch Übergewicht und übermäßigen Alkoholgenuss ein vergrößertes Herz. Außerdem litt er unter Diabetes. Hinzu kam der Stress nach der verheerenden Niederlage gegen die Cricket-Zwerge von der Grünen Insel. "Unsere Ermittlungen sind beendet", sagte Thomas. "Die Akte Woolmer ist geschlossen."

Jamaikas Vizepolizeichef Mark Shields, der Ex-Scotland-Yard-Beamte, räumte kleinlaut ein, er hätte damals abwarten sollen, bevor er die Mordthese veröffentlichte. "Aber man muss die Umstände berücksichtigen", fügte er hinzu. "Es geschah in einem Hotel in Sichtweite der Weltpresse." Seine Annahme basierte auf dem Bericht des jamaikanischen Leichenbeschauers Ere Seshaiah. Der hatte festgestellt, dass Woolmers Zungenbein gebrochen war - ein Hinweis auf Tod durch Erwürgen. Zwei weitere Berichte kamen jedoch zu anderen Ergebnissen. Ein Pathologe aus Jamaika und einer aus Großbritannien, den das Londoner Innenministerium geschickt hatte, widersprachen Seshaiah. Vorige Woche lieferte ein Experte aus Südafrika, wo Woolmer mit seiner Familie lebte, einen weiteren Bericht, in dem die Mordtheorie ebenfalls verworfen wird.

Die pakistanischen Spieler wollen nun die jamaikanische Polizei verklagen. Pervez Jamil Mir, der Sprecher des Teams, sagte, die Morduntersuchung habe den Namen Pakistans und seiner Cricketspieler in den Schmutz gezogen. Er verlangte vorgestern außerdem eine Entschuldigung der jamaikanischen Polizei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.