Vom Stückwerk zum Netzwerk

Bürgerschaft verhandelt vernachlässigte Kinder: Sozialsenatorin Schnieber-Jastram weiter in der Kritik. CDU-Mehrheit bremst Antrag der Oppositionsfraktionen zu verbindlicher Gesundheitsvorsorge aus

Vertagt. Der Antrag von SPD und GAL, der Senat möge prüfen, wie die freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen für Kleinkinder „verbindlich“ gemacht werden können, wurde gestern in der Bürgerschaft von der CDU zur weiteren Beratung in die Ausschüsse für Gesundheit und Familie abgeschoben – unter zähneknirschender Zustimmung der antragstellenden Fraktionen. Die Christdemokraten hatten „weiteren Beratungsbedarf“ angemeldet.

Die SPD verbindet mit dem Antrag die Hoffnung, dass ein „lückenloses Bild der Gesundheit des Kindes im Alter von null bis fünf Jahren möglich“ werde. Damit könne, so der SPD-Jugendexperte Dirk Kienscherf, die „bessere Erkennbarkeit von Vernachlässigungen“ gewährleistet werden. Kienscherf beklagte, die CDU habe „die Zustimmung zu dem Antrag monatelang signalisiert“, seine Befassung dann immer wieder „hinausgezögert“, um schließlich „auf der Zielgrade eine Kehrtwende zu vollziehen“. Offensichtlich habe der Senat die CDU-Fraktion ausgebremst, weil er selbst irgendwann die Initiative bei diesem Thema ergreifen wolle.

„Wir haben heute Handlungsbedarf und können nicht bis übermorgen warten“, ergänzte der GAL-Abgeordnete Manuel Sarrazin. Es gehe darum, so schnell wie möglich „Strukturen zu schaffen, um die Kleinsten vor dem allergrößten Leid zu bewahren“. Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) müsse endlich „anfangen zu handeln, damit aus dem Stückwerk Kindeswohl ein Netzwerk Kindeswohl“ werde.

Die Angesprochene, durch die Debatten um das Heim Feuerbergstraße und die bekannt gewordenen Vernachlässigungsfälle unter wachsendem Druck, flüchtete in ihre Liebblingsstrategie: Die SPD sei an allem schuld, denn sie sei schließlich „für Problem-Stadtteile wie Wilhelmsburg und Kirchdorf verantwortlich“. Zudem hätte es vor dem Regierungswechsel „überhaupt keine Familienpolitik in Hamburg“ gegeben.

Schnieber-Jastram betonte, sie selbst sei es gewesen, die die Allgemeinen Sozialen Dienste, über deren schlechte Personalausstattung nun geklagt werde, von 213 auf 250 Stellen aufgestockt habe. Neue Ideen, wie der Vernachlässigung von Kindern in Hamburg begegnet werden könnte, hatte die Senatorin nicht im Gepäck: Ihr einziges in der gestrigen Debatte vorgebrachtes Konzept für das Kindeswohl lautet: „Die Bürger müssen melden, wenn ihnen etwas verdächtig vorkommt.“ Marco Carini