Familienhistorie: Heimat, die kein Ort bietet

ZDF und MDR begleiten einen Schauspieler und eine unbekannte Zuschauerin auf ihrer Identitätssuche mit der Kamera.

Walter Sittler (re.): Im Krimi wie im echten Leben auf Spurensuche Bild: dpa

Der Weg von Albert Einstein zu einem Literaturprofessor mit nationalsozialistischem Hintergrund führt über ein paar Verbindungen auf einer Ahnentafel: Einstein spielte Viola bei Konzerten der Familie Deneke. Der Professor heiratete ein. Und einer seiner Söhne ist Walter Sittler.

Walter Sittler, 1952 in Chicago geborener Schauspieler, der schon in Mannheim, Stuttgart, Lima und München wohnte, ist auf der Suche nach seiner familiären Identität. Er sagt: "Die Familie ist für mich die Heimat, weil ich örtlich keine Heimat besitze." Und das ZDF begleitet ihn.

Das steht zunächst für sich, als Porträt der Familie eines bekannten Mannes, der sich nicht scheut, vor der Kamera die nationalsozialistische Vergangenheit seines Vaters, des besagten Professors, zu recherchieren. Sittlers Urururgroßvater ging in die USA; Sittlers Vater kam während des Krieges vorübergehend nach Deutschland zurück. Die Erinnerung an Deutschland als Heimat war über die Generationen lebendig geblieben. Vorfahren der Mutter waren - wie beschrieben - mit Einstein befreundet. So entsteht ein dichter Film, der mit einem Fotoalbum und einer vererbten Uhr als Quellen beginnt, mit der Erfassung mündlicher Erzählungen weitergeht und in einem Familientreffen auf einem Friedhof in Illinois einen Höhepunkt hat.

Doch der Film zeigt mehr als die Sittlers: Es geht um die Suche nach Identität, abgeleitet aus Herkunft und Heimat - nicht zwangsläufig ein neues gesellschaftliches Thema. Nun aber bekommt es verstärkt Aufmerksamkeit. Ahnenforscher haben Zulauf; Namenforscher bekommen Talkshow-Sendezeit; und dank des Erfolgs eines im Herbst ausgestrahlten Films beginnt heute auch im MDR eine Reihe namens "Die Spur der Ahnen".

Zuschauerin Petra Hornuff versucht, herauszufinden, ob einer ihrer Vorfahren tatsächlich die blaue Farbe für das Meißener Porzellan erfand und dafür geadelt wurde. Im Fall Hornuff geht es also um die Bestätigung einer Familienlegende. Im Fall Sittler um eine offene Suche, die weniger auf ein definiertes Ziel gerichtet ist. Zwei verschiedene Ansätze - doch die Idee ist dieselbe: Hornuff wie Sittler wollen wissen, wo sie herkommen, und schließen daraus auch auf sich selbst. Am Ende, nach mehreren Reisen, sagt Sittler: "Die Heimatlosigkeit, die ich verspüre, wird bestätigt, weil sie gewissermaßen in der Familie liegt." Er habe seine Familie nun aber kaleidoskopartig vor sich, und das, sagt er, "ist jetzt meine Heimat".

Seine Recherchen hat Walter Sittler vorsorglich mit einer Digicam aufgenommen. Ein Ort seiner Erinnerung ist nun ihre Speicherkarte.

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