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DebatteMütterschocker unter sich

Heide Oestreich
Kommentar von Heide Oestreich

Die Debatte um sexistische Rap-Texte ist längst überfällig. Doch die meist männlichen Popkritiker tun sich mit diesem Thema auffällig schwer.

M uss man sich aufregen, wenn ein "superintelligentes Drogenopfer" wie der Rapper Sido in einem Song über blutende Hinterteile und Schmerzschreie seiner minderjährigen Anal-Sexpartnerin fantasiert? Oder wenn junge, afroamerikanische Männer wie der Rapper B-Tight "den Neger in mir" entdecken, der natürlich primitiv und gewalttätig ist? Aber nein, beruhigt uns die Popkritik routiniert, so zuletzt Thomas Winkler (siehe Link): Das seien doch nur Jungsfantasien. Es sei doch nur die Unterschicht, die auch mal zu Wort kommen will. Und ohnehin sei Porno-Rap eine Mode von gestern. Aus all diesen Gründen müsse man ihn gar nicht so ernst nehmen.

taz

Heide Oestreich ist seit 1999 Redakteurin für Geschlechter- und Gesellschaftspolitik der taz. Zuletzt erschien von ihr das Buch: "Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam" bei Brandes und Apsel.

Diese Haltung ist zwar unbestreitbar die coolste von allen. Pädagogen und Mütter regen sich auf? Da ist man auf der sicheren Seite, wenn man gar nicht erst mitmacht. Aber mit Achselzucken wird man der Situation nicht gerecht. Denn Bilder wie aus harten oder frauenverachtenden Pornos tauchen nicht von ungefähr in den Texten der Postpubertanden des Labels Aggro Berlin auf. Solche Pornos können dank Internet mittlerweile in jedes Kinderzimmer geladen werden. Es gibt auch keine "fragwürdigen" Zusammenhänge zwischen Porno-Fantasien und den gewalthaltigen Geschlechterbildern mancher Jugendlicher, wie Winkler meint.

Es sind schlicht Zusammenhänge, die PsychologInnen und SozialarbeiterInnen beobachten. Die sind in der Tat nicht kausal: Ein Porno macht eben nicht, wie Alice Schwarzer gern suggeriert, einen Mann schon zum Vergewaltiger. Dennoch gibt es unschöne Korrelationen. Alleingelassene und desorientierte Jugendliche können ihre Wahrnehmung von Frauen und Sex, von Schwarzen, Schwulen und anderen "Opfern" durchaus an solchen Fantasien schulen, meinen ExpertInnen.

Die klugen, reflektierten Popkritiker, die so etwas für unmöglich halten, schließen von sich auf andere. Und nennen entsprechende Forschungen oder Erfahrungen dann "fragwürdig". Wenn aus den Fantasien im Einzelfall Taten würden, sei das halt "strafrechtlich relevant", so Winkler. Na, dann ist ja alles gut. Über die emotionale Abstumpfung, die diese "Jungsfantasien" eben auch mit sich bringen können (können, nicht müssen!), braucht man sich dann keine Gedanken mehr zu machen.

Das Problem aber ist, dass solche veröffentlichten Fantasien dazu beitragen, das sich die Diskurse verschieben. "Schwul" ist heute ein "ganz normales" Schimpfwort, Mädchen werden häufiger ausschließlich in ihrer Sexualfunktion für den Mann wahrgenommen. Deshalb gibt es Mädchen, die bei Sozialarbeiterinnen vorsichtig anfragen, ob sie noch normal sind, wenn sie mit dreizehn noch keinen Gruppensex hatten. Auch "Neger" kann man ja wieder sagen, weil Migranten-Rapper wie B-Tight das doch auch tun. Das alles berichten PsychologInnen und SozialarbeiterInnen. Warum sind die eigentlich "fragwürdig"?

Nahe liegender wäre der Einwand, dass ein derart provokativer Diskurs einfach pubertär ist, und einen normalen Entwicklungsschritt darstellt. Das wird in vielen Fällen stimmen. Schließlich bilden die Mittelschicht-Kids, die Mama schocken wollen, unter den Fans des Berliner Gewaltrapper-Labels Aggro eine große Gruppe. Und der kindliche Eifer, mit dem sich etwa ein Sido als Arschfickmann empfiehlt, ist für viele Menschen eher zum Lachen. Aber die Pubertät kann auch nicht normal verlaufen. Sie kann misslingen, wenn Jugendlichen bestimmte Grenzen eben nicht mehr so recht klar sind.

So gesehen nimmt Monika Griefahn (siehe Link) die Position einer Mutter ein, die sich schockieren lässt. Aber wird von Eltern nicht gerade lautstark gefordert, sie sollten aufpassen, wenn ihre Kinder Grenzen überschreiten, hinter denen es gefährlich wird? Dann ist es doch nur legitim, dass Griefahn diese Grenze zur Diskussion stellt. Männliche Pop-Kritiker dagegen identifizieren sich offenbar leichter mit den aufmüpfigen Jungs, die Mutti ordentlich ärgern wollen.

Das Problem liegt auch darin, dass hier Tabus gebrochen werden sollen, wo gar keine sind. Gerade mal beim Antisemitismus ist die gesellschaftliche Ächtung von Hassreden halbwegs Konsens. Mit Rassismus und Homophobie dagegen befinden sich die Pseudo-Tabubrecher schon in sehr großer Gesellschaft. Und Sexismus ist ohnehin gesellschaftsfähig, wie Winkler mit Blick auf Stern-Titelbilder ganz richtig bemerkt. Wogegen richten sich die selbst ernannten Sprecher der "Unterschicht" mit ihren sexistischen Texten? Gegen den sexistischen Mainstream offenbar nicht.

Hier äußert sich nicht einfach Protest: Hier werden gängige Männlichkeitsfantasien hocherhitzt und gegen andere in Stellung gebracht. Frauen, Homosexuelle und ethnische Minderheiten sind die kollateralen Opfer dieser "Battles".

Die Tatsache, dass hier die angebliche Unterschicht spricht, scheint für manche Popkritiker die Menschenverachtung dieser Texte irgendwie zu entschärfen. Aber sind Sexismus, Rassismus und Homophobie nicht mehr so schlimm, wenn die Unterschicht damit bloß die Mittelschicht schocken will? Damit überlassen die Popkritiker die weibliche Hälfte, die schwarze Minderheit, die homosexuellen Angehörigen dieser Milieus also den Fantasien wildgewordener Pubertanden. Sollen sich nur Sozialarbeiter und Polizei die Zähne an denen ausbeißen?

Nein, so einfach macht es sich zumindest Thomas Winkler nicht. Zwar kritisiert auch er Monika Griefahn dafür, dass sie bewirkt habe, dass CDs auf dem Index landeten und Sender sich genauer überlegen, wann sie bestimmte Stücke spielen. Aber zugleich hat dieser Index für ihn dann doch die richtige Funktion: Sido sei eben nichts für Achtjährige. Der Index, der die Kunstfreiheit einschränkt, wird also begrüßt. Warum aber soll sich Monika Griefahn dann nicht über Sexismus und Rassismus im Hiphop beklagen dürfen? Ist eine Debatte gefährlicher für die Kunstfreiheit als die Indizierung? Betont der Autor nicht selbst, Kunst sei dazu da, Diskussionen anzuregen?

Und die Diskussion ist tatsächlich sinnvoll: Nach dem, was Psychologen berichten, besitzen viele Kinder und Jugendliche ganz offensichtlich wenig Medienkompetenz. Darum ist es wichtig, dass LehrerInnen, ErzieherInnen und Eltern sensibilisiert werden und einen Schub an Informationen bekommen. Genauso wichtig ist es, dass die sexuelle Identitätssuche von Jungen und Mädchen nicht nur auf youporn.com und bei Rappern wie "Frauenarzt" endet. Irgendwann sind sie dann hoffentlich so schlau, wie Gewaltrapper Bushido es sich von seiner imaginären Tochter wünscht: "Papa, du weißt doch, das ist nur ein Lied", würde die zu ihm sagen, bekannte er in einem Interview.

Zensur ist sicher abzulehnen. Aber die Probleme von Jugendlichen ernst zu nehmen und zu diskutieren, hat nichts mit einer Einschränkung von Meinungsfreiheit zu tun. Und, man soll es nicht glauben: Auch uncoole Politikerinnen können mal die richtigen Fragen stellen.

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Heide Oestreich
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.
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11 Kommentare

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  • K
    kingone

    ich weiß garnich was ihr hir alle von "porno rappern redet" das is ein teil der kunst ihr würdet doch auch nich in einer bilder austelung in dem eine nackte frau posiert sagen das das pornografisch ist und wenn ich mich an meine kindheit errinnere und an die musik die ich damals gehört habe beatles und co. da haben meine eltern das gleiche gesagt was ihr hir sagt "gewalt verherlichend" "oh got die nehmen drogen" ich finde das ist eine ansichtssache und da sollten eltern sich nicht einmischen. und wenn das kind krimminel wird liegt es 100 % nicht and dem vorbild des kindis sondern an anderen kriterien oft sind die eltern shul (zb.wenn sich die eltern trennen

    für mich seid ihr konservative ignoranten!!!

    ich entschuldie die rechtschreib fehler.... aber scheiß drauf!!!!

  • A
    aggroberlinaAa

    hallo ich bin 13 gehe aufs gymnasium hab einen notendurcchschnit von 2.3 und höre sido ,frauenarzt usw. ich glaube nicht das ein verbot etwas bringt. ich finde das die eltern selba gucken sollten ob ihr kind für die musik reif ist und die nicht falsch versteht und wenn man diese musik verbieten würde würde es nur das gegenteil von dem bewirken was ihr eig wollt die kids finden das cool das die musik verboten is ziehen sie sich aus dem netz und pralen vor ihren freunden und die wiederrum ziehen sich das auch wieder aus dem netz um cool zu sein

  • MS
    miss sarajevo

    ich möchte hier mal auf Lady "Bitch" Ray hinweisen, die einzige existierende Porno Rapperin, die diesen Jungs mit ihren Fantasien klarmacht, was sie sind: völlig verklemmte, höchst überflüssige Mitglieder einer Gesellschaft, in der der mit den stärksten Muskeln und dem größten Maul nicht zwangsläufig den größten Erfolg hat - eine begrüssenswerte Entwicklung übrigens. Diese Jungs sind - im Gegensatz zu den Damen, die sie "besingen" - noch nicht mal zum ficken zu gebrauchen und müssen folglich für Sex bezahlen. Diesen Zustand finden sie gemein und fangen an mit den Füßen zu strampeln. Sie sind eben nichts als kleine, dumme Jungs die völlig zurecht eine übergangene Gruppe darstellen.

  • T
    Thommen

    Es ist doch logisch, dass die Mütter und Väter die Verantwortung an die Schule abschieben, dise wiederum an die Medien und die an die Politik.

    So gesehen ist es verantwortungsvoll, wenn überhaupt irgendeine Instanz sich meldet!

    Dass unten keine Verantwortung übernommen wird, sehen wir an der Kritik an den Halt-Rufen oben, und der Obrigkeitsschelte, dann auch noch im Namen der FDGO... :-(

  • H
    Heiko

    Wenn du jetzt nicht die Mp3s von deinem Stick löschst, ruft Mama die Polizei! *lol*

     

    @ Anke: Mütter, Pädagogen, Erzieher, Schützlinge... Was ist das denn für ein hierarchisches Denken? Nur weil Herr Winkler den Begriff "Jungsfantasien" ins Spiel gebracht hat, fühlt sich die "Frauen&Mütter sind die besseren Menschen"-Fraktion berufen, ihre gesammelten Männer-Umerziehungsphantasien in Stellung zu bringen. Ich verstehe diese ganzen Beiträge nicht. D.h. ihre Relevanz außerhalb der Kaffeetafel erschließt sich mir nicht. Vermutlich wegen meiner Ignoranz. Wahrscheinlich bin ich auch ein Verlierer, aber nur im materiellen und kulturellen Sinne. In anderen Sinnen nicht. Hätte meine Mutter mich einfach am Stuhl festgebunden und mir das Glaubenbekenntnis "Ich glaube an eine menschliche Existenz als Zahnrad" doch besser vermittelt. Vermutlich würde ich als weltverbessernder Performance-Optimierer die Welt so richtig voranbringen, in Richtung Abgrund. Aber Erfolg heiligt die Mittel. Erfolg zeigt sowieso, ob jemand ein guter Mensch ist oder umerzogen werden muss. Vielleicht in Lagern?? Wegen der Effizienz meine ich...

     

    Materiell und kulturell... ich glaub's ja nicht. Was soll das heißen? Dass Du an Symbole der Gottgefälligkeit glaubst? Wenn's schön glitzert und die Frisur sitzt, war die Erziehung erfolgreich?

     

    Du hattest doch auch von Ignoranz gesprochen. Ich sehe da eine gewisse Schnittmenge mit der Oberflächlichkeit deines unbewusst zynischen Menschenbildes. Wenn die da unten doch nur endlich einsehen würden, wie ignorant sie sind... Dass die das aber auch nicht einsehen wollen. Ts, ts, ts...

     

    Und da der Mensch dazu neigt, sich seine Lebensentscheidungen im Nachhinein schönzureden, lass mich noch Folgendes loswerden:

    Im Laufe meines Verliererlebens habe ich die Erfahrung gemacht, dass servile Durchschnittlichkeit gepaart mit Unterwürfigkeit, Opportunismus, vorauseilendem Gehorsam und Rückgratlosigkeit die wahren Erfolgsgaranten sind. Werte, die diese Welt zu einem bessern Ort machen. Die Menschheit wird erblühen wie eine Orchidee, ein neuer Gipfel der Zivilisation wird erreicht, wenn wir nur stumm weitermarschieren.

  • A
    Anke

    Der Unstand, dass hier angeblich die Unterschicht spricht, ist meiner Meinung nach der Clou der ganzen Sache. Schon witzig: Die Mediokratie als Sachwalter des Bürger-Alltags!

     

    Mal ehrlich: Weder den korrekt-empörten noch den verharmlosend-väterlichen Popkritikern scheint aufzufallen, dass Schock-Rapper wie Bushido die ideale Projektionsfläche für Drückeberger-Fantasien abgeben: Nur Verlierer (und zwar Verlierer im ausschließlich materiell-kulturellen Sinn) brauchen Opfer. Hoch lebe das Ignorantentum! Sind es denn wirklich ausschließlich (spät-)pubertierende Unterschicht-Kids, die den abstrusen Gewaltfantasien der Gangsta- und White-Trash-Raper so verdammt wenig entgegenzusetzen haben? Kaum. Und wie soll man denn das Gerede von den angeblichen "Jungsfantasien" auch anders verstehen, als ein (spät-)pubertäres: "Ist doch voll normal, ey!"? In den 60-ern nannte man solche Leute Mitläufer, glaube ich.

     

    Lebenskompetenz erwirbt man nicht einfach durch Altern. Weder als Ober-, noch als Mittel- und auch nicht als Unterschicht-Angehöriger. Denen, die nachher die Sandsäcke für wild gewordener Rappmusikfans abgeben, ist es ohnehin egal, wie alt ihre Peiniger sind, aus welchen familiären Verhältnissen sie kommen und wer nun genau alles nicht zur rechten Zeit richtig reagiert hat. Diese Gedanken allerdings lassen sich wunderbar ausblenden unter Verwendung der Vokabel ?Unterschicht-Teenager-Problem?.

     

    Und übrigens: Dass ausgerechnet Mütter und Pädagogen für jede idiotische Provokation ihrer pubertierenden Schützlinge Verständnis aufbringen sollen, ist nicht zu verstehen. Auch Erzieher sind Menschen. Ich nehme an, einige unter ihnen wären heilfroh, wenn man ihnen bei der ohnehin schwierigen Ausübung ihrer verantwortungsvollen Tätgket ab und an auch juristisch unter die Arme greifen würde. Und sei es nur durch die Anwendung bereits existierenden Strafrechts. Schließlich: Wozu haben wir es?

     

    Nein, aufregen braucht man sich nicht. Nur reagieren sollte man.

  • R
    Robert

    Ich finde über die Texte mancher Rapper kann man in der Tat geteilter Meinung sein. Diese Musik ist in meinen Augen auch die Folge davon, dass in der Erziehung Jahrzehnte lang, die anliegen von Mädchen vorrangig behandelt wurden (z.B. Girlsday). Während dagegen männliches Verhalten durchweg negativ dargestellt wurde.

     

    Nach meiner Meinung ist zeigt sich auch kann ich der Autorin nicht folgen, wenn sie schreibt ?Schwul? wäre heute ein normales Schimpfwort. Als ich aufgewachsen bin wurde Schwul immer als Schimpfwort verwendet, um jemanden sexuell diskreditieren. Erst seitdem die homosexuellen sich selbst als Schwule bezeichnen, hat der beleidigende Charakter abgenommen. Ähnliches gilt auch für das Wort ?Neger?. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg war dies eine übliche Bezeichnung für schwarze und wurde auch renommierten Autoren wie Hermann Hesse verwendet. Wenn wir diese Bezeichnung heute nicht mehr verwenden, tun wir dies nicht wider die Beleidigung von schwarzen Menschen, sondern damit wir uns selber als Gutmenschen auf die Schulter klopfen können.

     

    Mich stört auch das ständige Gejammer vom Sexismus, einem sehr schwammigen Begriff, wobei weiblicher Sexismus mit einem Augenzwinkern hingenommen wird. Jedenfalls finde ich an einer schönen nackten Frau auf einen Zeitschriftencover nichts auszusetzen, sondern erfreue mich an diesem Anblick.

  • NB
    Niklas Björn

    Hannes Loh hat mal geschrieben es handle sich bei den "Jungsphantasien" um "Bilder und Wünsche, die sich mit denen der Väter am Stammtisch decken. D.h. ein typischer sexistischer Battlerap, wie man ihn aller Orte zu hören bekommt, ist nichts anderes als eine Transferierung von Wichskabinenvideos in Reime.". So, das heißt eben, dass die Rapper nur das wieder abbilden, dass die Gesellschaft voll von Sexismus un dHomophobie ist. Die Rap-texte sind trotzdem nätürlich ganz schön beschissen, aber eben nicht das eigentlich Problem.Oder was?

  • J
    JOL

    "Die Tatsache, dass hier die angebliche Unterschicht spricht, scheint für manche Popkritiker die Menschenverachtung dieser Texte irgendwie zu entschärfen. "

    Das alte Leid: Täter werden zu Opfern gemacht, weil sie vermeintlich (!) das Prekariat vertreten. Doch auch wenn sie von "ganz unten" kommen bzw. sich gerne so gerieren als ob, sind sie nicht stellvertend dafür.

    Und selbst wenn: Entschulden täte dies nichts.

     

    Das eitle und dumme Provozieren ist nur für sich selber da, es ist kein Ruf nach Aufmerksamkeit, nicht mal ein Schrei nach Liebe. Es ist Geschäft. Sex sells. So einfach ist das. Für's Leben gelten regeln, für's Geschäft gelten regeln. Werden sie verletzt, setzt es was.

  • RG
    Ralf G.

    Die Tendenzen in der politischen Klasse zum "fürsorglichen" Kontrollstaat findet man nicht nur bei Schäuble, sondern eben auch bei Griefahn.

     

    Formen jugendlichen Protestes gab es immer und zu allen Zeiten, das fing schon mit Bill Haley an. Nur: Heute ist eine Generation "Eltern", die ihre juvenile Protestphase nie wirklich beendet hat. Sagt der Sohnemann "Alter, ich gehe zu Slayer, kill and kill again, yeah" sagt Vater höchstens: "Geil, ich gehe mit". Kein Provokations- und Abgrenzungspotenzial, nirgends, alles ist Mainstream und popkultureller Diskurs...

     

    Ergo fliehen die Kiddies in den tumbem Prolo-Hiphop, weil politische Unkorrektheit das Letzte ist, mit dem Jugendliche provizieren können. Das ist unschön und abstoßend, aber wie meine Mutter sagt: "Kinder kommen nie auf fremde Leut'" Damen und Herren, das ist das Produkt IHRER Gesellschaft, Gratulation!

     

    Griefahn und auch Artikel wie dieser von Oestreich geben dem Phänomen aber eine Bedeutungsebene, die dem nicht zusteht. Zu glauben, aus "Pornorap-Hörern" würden Horden von Vergewaltigern ist genauso unzulässig wie zu meinen, dass jeder WoW-Spieler ein potenzieller Amokläufer wird. Jugendliche Protestphasen gehen vorbei, und in kurzer Zeit wird niemand mehr von Berliner Hip-Hop-Prollos mit Silbermaske Notiz nehmen. Es sei denn, man hält sie mit einem überkandideltem Empörungsdiskurs im Gespräch.

  • H
    Heiko

    "Zensur ist sicher abzulehnen. Aber... "

     

    Ja, Ne, is' klar.

     

    "...die Probleme von Jugendlichen ernst zu nehmen und zu diskutieren, hat nichts mit einer Einschränkung von Meinungsfreiheit zu tun."

     

    Und wer hat das behauptet?

    Wer nimmt die Probleme ernst?

     

    "Auch uncoole Politikerinnen können mal die richtigen Fragen stellen."

     

    Uncool, in der Tat. Aber welche richtigen Fragen sind das denn jetzt konkret? Schon Herr Winkler hat sich zu Recht gefragt, was Frau Griefhahn denn jetzt konkret ändern möchte.

     

    Für die Bundes-Moral-Prüfstelle möchte ich mich übrigens jetzt schon mal als Leiter bewerben, dann war es doch nicht vergebens, den Kant gelesen zu haben. "Die Maxime deiner Engstirnigkeit muss jederzeit Prinzip einer allgemeinen Zensur sein können."